Mittwoch, 19. September 2012

Reaktion auf einen Hetzartikel im stern: "Wenn die Sonne böse wird"

[sfv-rundmail] 17.09.12 Wenn die Sonne böse wird

1. Stellungnahme von Wolf von Fabeck

2. Leserbrief von Rüdiger Haude



1. Stellungnahme von Wolf von Fabeck

(Zitat aus dem stern, Ausgabe 34, S. 40:)
"Hinter dem grünen Schild der Sympathie freilich ist die Sonnenenergie zu einem Monster herangewachsen, das die Energiewende zu verschlingen droht und von dem normale Menschen keine Ahnung haben. Wer weiß schon, dass die Kollektoren, die sie auf Dächern und Feldern sehen, nicht unbedingt der Stromversorgung ihrer Besitzer dienen?"
(WvF:) Rieselt Ihnen, sehr geehrter Leser, bei diesem Satz nicht auch ein Schauer den Rücken herunter? So fangen Gruselmärchen an.
Was können die Besitzer der Kollektoren denn vielleicht im Schilde führen? Sollten wir besser unsere unmündigen Kinder fernhalten? Oder sollten wir uns bekreuzigen, wenn unser Blick ungewollt von einer dieser
verführerischen Platten eingefangen wird?

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2. Leserbrief von Rüdiger Haude

*Wenn die Sonne böse wird* lautet die Überschrift über einen gruseligen Artikel in der Zeitschrift Stern. Auf diesen Artikel antwortet Rüdiger Haude in dem folgenden Leserbrief für den Solarbrief. Wir veröffentlichen seinen Leserbrief vorab:

Leserbrief von Rüdiger Haude

*Wenn der "Stern" dummdreist wird*

"Die Probleme kommen aus der Sonnenenergie." Denn diese ist ein "Monster". Hinter dem Monster steht eine "mächtige Lobby", mit der sich kein Politiker anlegen will. Solche Fantasien darf man einem Millionenpublikum vorsetzen, wenn man Hans-Ulrich Jörges heißt und in der Chefredaktion des "Stern" beschäftigt ist. Ironischerweise wird dieses Gruselszenario (im Stern 34/2012, S.40) argumentativ nur mit banalen Binsenweisheiten gestützt, die nur mit Gewalt zum Skandal aufgekocht werden können: Die meisten Solaranlagenbetreiber handeln aus privaten Gewinn-Interessen. Sie verbrauchen den auf ihren Dächern produzierten Solarstrom gar nicht selbst, sondern speisen ihn ins Netz ein. Und das zu garantierten Preisen. Dafür gibt es für Stromverbraucher einen Aufschlag auf die Stromrechnung, der sich pro Kilowattstunde seit dem Jahr 2000 verachtzehnfacht hat. – Ja, Herr Jörges, so hat die Energiewende in Deutschland funktioniert, das sind die Bedingungen und die Anzeichen ihres Erfolgs.

Jörges findet das monströs. Aus der steigenden Umlage auf den Strompreis konstruiert er eine "immer gigantischere Solarrechnung". Wahrscheinlich weiß er, dass das Unsinn ist. Dass wegen des Solarstrom-Booms der Strompreis an der deutschen Strombörse in den vergangenen Jahren nicht gestiegen, sondern gesunken ist. Dass die Stromrechnung der Privatverbraucher vor allem deshalb trotzdem teurer geworden ist, weil gerade die stromfressendsten Unternehmen von der Umlage weitgehend befreit wurden. Was inzwischen dazu führt, dass manche Unternehmen absichtlich mehr Strom als nötig verbrauchen, um ebenfalls in den Genuss der Befreiung zu gelangen. Wodurch dann die Rechnung für die Privatkunden und für Unternehmen, welche in Energie-Effizienz investiert haben, noch höher wird, usw. usw. Jörges weiß wahrscheinlich auch, dass die vier Monopolunternehmen RWE, Eon, Vattenfall und EnBW gerne die EEG-Umlage lamentierend als Grund ihrer Preissteigerungen nennen – sinkende Preise an der Strombörse aber nicht an die Kunden weiterreichen. (Er sagt selbst, dass seit 2000 der Strompreis von 14 auf 25 Cent pro kWh, die EEg-Umlage aber von 0,2 auf 3,6 Cent geklettert ist – wo kommen dann die übrigen 7,6 Cent Preissteigerung her?)

Jörges ahnt vermutlich, dass die Preise fossiler Energieträger in den
kommenden Jahrzehnten wegen Verknappung explodieren dürften und dass jeder Euro, der heute in regenerative Energien gesteckt wird, sich dann doppelt und dreifach rentieren wird. Von der Abbremsung des Klimawandels und der damit verbundenen gesellschaftliche Kosten einmal ganz zu schweigen. Die hat Jörges nicht auf der Rechnung. Ebenso die hunderte von Milliarden Euro, die AKW-Unfälle wie in Fukushima oder Tschernobyl kosten. Die zahlen ja nicht die Stromkunden (geschweige denn die Betreiber-Firmen als Verursacher), sondern die Steuerzahler.
Wieso behauptet Jörges also einen derartigen Unsinn, obwohl er es wahrscheinlich besser weiß? Gut: Es ist derselbe Jörges, der vor sechs Jahren den mit dem Begriff "Hartz IV" verknüpften Sozialabbau in die Parole "Kommunismus siegt" umgelogen hat, weil auch diese rudimentäre Grundsicherung noch das "Nichtstun" belohne. Er ist also ein notorischer Neoliberaler, ein Wiederholungstäter in der Kunst, Sachverhalte als ihr Gegenteil zu präsentieren. Aber wieso tun hunderte von Provinz-Journalisten in Deutschland heute dasselbe wie Jörges? Ist man ein Schelm, wenn man daran erinnert, welchen Interessen das dient? Die Energiewende gefährdet die Monopolstellung der vier genannten Konzerne (und sonst niemanden). Diese betreiben eine Energiepolitik, die wirklich "monströs" ist, mit riesigen Kraftwerken, die durch CO2-Ausstoß die Klimakatastrophe forcieren oder durch Atommüll-Produktion die Gesundheit kommender Generationen aufs Spiel setzen. Jörges weiß wahrscheinlich auch, dass Lobbyismus in diesen Gefilden tatsächlich eine fatale Rolle spielt. Regierungspolitiker, die sich mit "Big Oil" und "Big Nuke" anlegen, muss man zweifellos länger suchen, als solche, die etwas gegen "Little Solar" wagen. Wie wir zur Zeit an der Demontage des deutschen EEG beobachten können. Lobby-Schranzen wie Jörges spielen gerne die publizistische Begleitmusik dazu. Dem Weltklima wird sie noch böse in den Ohren klingeln.

Rüdiger Haude

Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV)
Frère-Roger-Str. 8-10 52062 Aachen
Tel.: 0241-511616 Fax: 0241-535786

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