Im RGA vom Mi. den 19.12.12 freut sich ein Leser. Dafür dass er seit 10 Jahren Abokunde der Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Remscheid ist, bekam er eine Gratisbusfahrt mit Verpflegungs- und Weihnachtsbaumgutschein zum Weihnachtsmarkt im Gut Brabant in Ennepetal. Brabant ist für mich aber eigentlich weiter im Westen, eine Doppel- Provinz in Belgien, je einmal für die eine Region für die Flamen und eine für die Wallonen. Aber wenn man nach Brabant fährt, kann man den Weg über die belgische Stadt Hasselt nehmen. Und da ist so etwas, wie es jetzt hier in Remscheid angeboten wurde seit 15 Jahren unmöglich. Und das liegt nicht daran, dass die Verkehrsbetriebe oder Politiker in Hasselt besonders geizig sind. Aber seit 1997 oder gut 15 Jahren kostet dort Busfahren nichts. Also kann man auch nicht Abokunden für 10 Jahre treue Kundschaft mit einem Ausflug belohnen.
Ganz anders sieht es in Remscheid aus. Dort gilt der VRR- Tarif. Und wer da mal spontan 5 km mit dem Bus fahren will, muss dafür 2,50 Euro oder ca. 5 DM bezahlen, nach Wuppertal oder Solingen sind sogar 5,10 Euro fällig.
Schaut man mal auf die Benzinpreise, so sind heute folgende Preise gemeldet:
1,56 Euro kostet am 20.12.12 der Liter Benzin. Wenn ich also großzügig bin und von einem Verbrauch von 10 Litern auf 100 Kilometern ausgehe, kosten die mit dem Auto 15,6 Euro. Pro Kilometer sind also ca. 16 Cent fällig. Also komme ich für 2,5 Euro mit dem Auto schon 15,6 km weit, für 5,1 Euro sogar fast 32 km. Es kommt hinzu, dass die Kosten des PKW fast unabhängig sind von der Zahl der Mitfahrer. Die Tagestickets sind nur dann mit dem Auto wettbewerbsfähig, wenn man damit viele Fahrten macht und Parkgebühren spart. Wenn man aber nur eine Hin- und Rückfahrt vorhat, etwa zu einem Einkauf, dann bleiben die Spritkosten deutlich unter den Fahrtkosten.
Eigentlich kann man rational keinen Menschen, der ein Auto nutzen kann, bei solchen Fahrpreisen dazu bewegen, den öffentlichen Verkehr zu nutzen. Zumindest nicht in einer Stadt wie Remscheid, wo das Parken meist nicht so teuer ist. Selbst, wenn man für Remscheid das Ticket 2000 im Abo nutzt, fallen dafür, wenn man es zu 100% für den Weg zur Arbeit nutzt, 1,5 Euro pro Fahrt an. Man muss also schon innerhalb Remscheid mehr als 9,4 km zurücklegen, um weniger Euros auszugeben, als diese Strecke mit einem Auto mit 10 Litern pro 100 km kostet. Da es ja schon viele Wagen im Bereich von 5 bis 7 Litern gibt, dürfte diese Rechnung eher noch schlechter für den ÖPNV aussehen. Einzig die Tatsache, dass bei kurzen Strecken und im Stadtverkehr der Verbrauch oft höher ist, als auf Autobahnen und Überlandfahrten, kommt dem öffentlichen Verkehr etwas entgegen.
Bei diesen Preisen ist es auch kein Wunder, wenn auch Leute, die kein Auto haben, sich oft lieber von anderen fahren lassen, als den Nahverkehr zu nutzen. Und dabei sind diese Bringfahrten ja besonders teuer, da ja in der Regel hier der doppelte Fahrtaufwand betrieben wird. Aber hier kommt die Psychologie ins Spiel. Wer keine Zeitkarte hat, muss bei jeder Busfahrt eine Fahrkarte entwerten. So sieht man genau, wieviele Euro einen durch die Finger rinnen. Beim Auto sind Tanken und fahren oft getrennte Dinge. Man kann viele kurze Fahrten machen, ohne dass die einzelnen Fahrten mit einer Bezahlhandlung oder Ticketentwertung verbunden sind.
Da stellt sich doch die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, den ÖPNV ganz anders zu finanzieren, statt über Fahrpreise über Steuern und Gebühren. das darf natürlich nicht über Verschuldung laufen und wird auch zu Steuer- und Abgabenerhöhungen führen müssen. Aber durch den Gratistarif hat auch jeder einen Nutzen. So wie die GEZ- Gebühr nicht von der Intensität des Rundfunkkonsums abhängt, kann auch eine Nahverkehrsabgabe unabhängig von der ÖPNV- Nutzung erhoben werden. Denn eigentlich profitieren von einem Gratis- ÖPNV alle:
1. Jeder kann irgendwann den ÖPNV nutzen, wenn nicht täglich, so doch öfters, als dies heute wegen der Fahrpreise passiert.
2. Jeder hat Nutzen von einem besser genutzten ÖPNV. Denn jede vermiedene Autofahrt macht die Straßen freier, vermeidet Lärm, Abgase und Stau. Ein guter ÖPNV fördert die Innenstädte. Die Dienstleistungen werden wieder attraktiver, so dass auch für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer dort die Angebote besser werden. Umgekehrt macht ein besseres Angebot in den Innenstädten den ÖPNV attraktiver!
Folgende Effekte tragen mit zur Finanzierung des Nulltarif bei:
1. Das teuerste beim Busverkehr ist der Fahrerlohn. Aber jeder Busfahrer, der durch mehr Nachfrage einen Job bekommt, ersetzt eine Hartz IV- Stelle. Die dafür nötigen 500 Euro und weitere Nebenkosten sind also unvermeidbar. Außerdem können viele weniger qualifizierte Personen als Busfahrer ausgebildet werden, solange diese gesund und zuverlässig sind.
2. Das ganze Tarifwesen kostet ja auch Geld und Verwaltungsaufwand. Bei einem Nulltarif muss man nicht mehr ermitteln, wer die Berechtigung für Sozial- oder Schülertickets hat. Man muss keine Automaten mehr aufstellen, keine Vorverkaufsstellen unterhalten, keine Tickets mehr beim einsteigen verkaufen und kontrollieren und keine Geldlogistik betreiben. Dadurch das die Busfahrer von Tätigkeiten entlastet werden und bei einem Nulltarif durch alle Türen ein- und ausgestiegen werden kann, beschleunigen sich die Fahrzeiten. Je nach Linie können mehr Zeitpuffer eingebaut werden, um Verspätungen zu vermeiden oder der Linienweg verlängert werden.
3. Steuererhöhungen für einen besseren ÖPNV stehen die abgschafften Fahrpreise gegenüber! Da die ÖPNV- Nutzung bei Leuten mit geringeren Einkommen größer ist, als in höheren Lohngruppen, kommt ein Nulltarif besonders sozial Schwächeren und Familien zugute.
4. Im erweiterten Sinn ist eine Steuererhöhung für den ÖPNV aufkommensneutral, weil die zuvor genannten Kosten gesenkt werden und weil die Gehälter der Busfahrer über den Konsum und andere Ausgaben wieder in den Wirtschaftskreislauf gehen. Wenn man die neuen Steuern so einführt, dass starke Schultern schwerere Lasten tragen können, ist der Nulltarif eine Form der Umverteilung von oben nach unten.
5. Durch den Nulltarif werden Menschen mobiler! Die Arbeitssuche wird erleichtert und auch geringfügige Jobs als Zuverdienst werden lohnender, wenn die Kosten für Fahrkarten entfallen. Der Nulltarif würde daher auch zu sinkenden Sozialkosten führen.
6. Durch den Nulltarif wird die Nutzung von Bus und Bahn steigen. Das macht Fahrplanverbesserungen und Kapazitätserweiterungen nötig. Im Berufsverkehr kann sehr oft durch Busanhänger preiswert das Platzangebot ausgeweitet werden. Außerhalb des Berufsverkehrsverkehrs sind viele Busse und Bahnen abgestellt, die nur in den kurzen Spitzenzeiten eingesetzt werden. Deren Produktivität steigt, wenn die künftig häufiger eingesetzt werden. Es sind in diesem Fall also vor allem die Lohnkosten, die steigen, die Fahrzeuge für viele Fahrplanverbesserungen sind bereits da. Da im Berufsverkehr schon heute die preiswerteren Zeitkarten eingesetzt werden, werden die größten Fahrgastzuwächse in den Zeiten stattfinden, wo Fahrgäste häufiger mit Einzeltickets fahren. Durch deren hohen Preis werden nämlich viele potentielle Gelegenheitsfahrgäste auf das Auto vertrieben - und dass oft zu Zeiten, wo die nachfrage geringer ist. Viele Gelegenheitsfahrgäste würden aber zu Zeiten gewonnen, wo die Busse noch Platzkapazitäten haben, so dass das Mehraufkommen an Fahrgästen nicht immer zu höheren Kosten führen muss.
Volkswirtschaftlich ist es egal, ob ich für eine Leistung das Geld über Fahrpreise oder Steuern zahle. Da aber die Fahrpreise viele Leute davon abhalten, sich sinnvoll im Verkehr zu verhalten und so viele positive Effekte, die der Nahverkehr haben könnte, ausbleiben, ist es sinnvoll, die ÖPNV- Mitfinanzierung über die Fahrpreise weitgehend zu beenden. Ein ÖPNV, der wesentlich mehr PKW- Verkehr ersetzt, als der heutige Nahverkehr, leistet einen enormen Beitrag für lebenswerte Städte und Dörfer. Den Nutzen dieser erhöhten Lebensqualität haben wirklich alle.
Beispiele dafür, wie so ein Nulltarif wirkt, liefern die Semestertickets. An der Uni Paderborn hat sich die ÖPNV- Nutzung in den 90er Jahren verzehnfacht, die Parksituation rund um die Uni hat sich deutlich entschärft, so dass wegen dem Semesterticket auf eine Parkraumbewirtschaftung verzichtet wurde.
Ein Missbrauch des Nulltarifes ist eigentlich nicht möglich. Es wird keine signifikante Gruppe geben, die nur aus Spaß tagelang nur im Bus rumsitzt. Und wenn es mal einen gibt, der das tut, erzeugt der eigentlich keine Kosten, da dieser nur ein vorhandenes Angebot nutzt.
Das einzige Problem beim Nulltarif ist, das bei einem landesweiten Nulltarif der Wettbewerb mit Reisebusfirmen verzerrt würde oder Großgruppen in den ÖPNV strömen, die den überlasten. Da aber die Absicht des Nulltarif ist, PKW- Verkehr und nicht Reisbusverkehr auf den ÖPNV zu verlagern, muss dieser nicht landesweit sein. Die wesentliche Wirkung wird im Nahbereich erreicht, so dass es genügt, einen regionalen Nulltarif einzuführen. Ich stelle mir das so vor, dass man eine Kernstadt hat, in der man wohnt mit einem Kreis von Nachbarstädten, deren Zentren in 15 bis 20 km Umkreis des Hauptwohnortes liegen. In diesem Bereich, wo die meisten täglichen Fahrten anfallen, sollte der Nulltarif gelten. Der Personalausweis kann als Fahrkarte gelten. Im Überlandverkehr auf der Schiene und bei langen Buslinien wird es also noch Tarife geben. Aber: Wenn auf einer Strecke oder Linie der Nahverkehr so stark ist, dass die paar Fahrgäste mit überregionalen Fahrten kaum ins Gewicht fallen, kann man der Einfachheit halber generell auf den Fahrpreis verzichten.
Für Remscheid hieße dass, dass hier so gut wie alle Buslinien total frei nutzbar wären. Auch die Eisenbahnstrecke des Müngstener erschließt ein so überschaubares Gebiet, dass man auf die Fahrpreise verzichten kann.
Anders in Großstädten mit sehr hohen Einpendlerzahlen. Düsseldorf, Köln, Dortmund und Essen würden wohl im Innenstadt-und Stadtbahnbereich noch ihr Tarifwesen für die Einpendler erhalten. Aber sparen tun die Pendler in diese Orte auch, da diese ja dort, wo sie wohnen, gratis die Fahrt beginnen können. Wer von Remscheid nach Düsseldorf muss, braucht dann nur noch eine Monatskarte der Zone B für die Strecke Solingen - Düsseldorf. Somit sinken bei den heutigen Tarifen die monatlichen Kosten für das Ticket- 2000 Abo um 22% von 114,14 auf 89,1 Euro.
Den Nulltarif fordere ich nicht als Reflex auf ähnliche Forderungen der Piratenpartei. Mit Hasselt haben wir uns schon seinerzeit bei der AG Verkehr der Remscheider Agenda 21 befasst und auf Abgeordnetenwatch habe ich den Nulltarif schon lange vor den Piraten im Jahr 2010 gefordert (Antwort ganz unten).
Ganz anders sieht es in Remscheid aus. Dort gilt der VRR- Tarif. Und wer da mal spontan 5 km mit dem Bus fahren will, muss dafür 2,50 Euro oder ca. 5 DM bezahlen, nach Wuppertal oder Solingen sind sogar 5,10 Euro fällig.
Schaut man mal auf die Benzinpreise, so sind heute folgende Preise gemeldet:
1,56 Euro kostet am 20.12.12 der Liter Benzin. Wenn ich also großzügig bin und von einem Verbrauch von 10 Litern auf 100 Kilometern ausgehe, kosten die mit dem Auto 15,6 Euro. Pro Kilometer sind also ca. 16 Cent fällig. Also komme ich für 2,5 Euro mit dem Auto schon 15,6 km weit, für 5,1 Euro sogar fast 32 km. Es kommt hinzu, dass die Kosten des PKW fast unabhängig sind von der Zahl der Mitfahrer. Die Tagestickets sind nur dann mit dem Auto wettbewerbsfähig, wenn man damit viele Fahrten macht und Parkgebühren spart. Wenn man aber nur eine Hin- und Rückfahrt vorhat, etwa zu einem Einkauf, dann bleiben die Spritkosten deutlich unter den Fahrtkosten.
Eigentlich kann man rational keinen Menschen, der ein Auto nutzen kann, bei solchen Fahrpreisen dazu bewegen, den öffentlichen Verkehr zu nutzen. Zumindest nicht in einer Stadt wie Remscheid, wo das Parken meist nicht so teuer ist. Selbst, wenn man für Remscheid das Ticket 2000 im Abo nutzt, fallen dafür, wenn man es zu 100% für den Weg zur Arbeit nutzt, 1,5 Euro pro Fahrt an. Man muss also schon innerhalb Remscheid mehr als 9,4 km zurücklegen, um weniger Euros auszugeben, als diese Strecke mit einem Auto mit 10 Litern pro 100 km kostet. Da es ja schon viele Wagen im Bereich von 5 bis 7 Litern gibt, dürfte diese Rechnung eher noch schlechter für den ÖPNV aussehen. Einzig die Tatsache, dass bei kurzen Strecken und im Stadtverkehr der Verbrauch oft höher ist, als auf Autobahnen und Überlandfahrten, kommt dem öffentlichen Verkehr etwas entgegen.
Bei diesen Preisen ist es auch kein Wunder, wenn auch Leute, die kein Auto haben, sich oft lieber von anderen fahren lassen, als den Nahverkehr zu nutzen. Und dabei sind diese Bringfahrten ja besonders teuer, da ja in der Regel hier der doppelte Fahrtaufwand betrieben wird. Aber hier kommt die Psychologie ins Spiel. Wer keine Zeitkarte hat, muss bei jeder Busfahrt eine Fahrkarte entwerten. So sieht man genau, wieviele Euro einen durch die Finger rinnen. Beim Auto sind Tanken und fahren oft getrennte Dinge. Man kann viele kurze Fahrten machen, ohne dass die einzelnen Fahrten mit einer Bezahlhandlung oder Ticketentwertung verbunden sind.
Da stellt sich doch die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, den ÖPNV ganz anders zu finanzieren, statt über Fahrpreise über Steuern und Gebühren. das darf natürlich nicht über Verschuldung laufen und wird auch zu Steuer- und Abgabenerhöhungen führen müssen. Aber durch den Gratistarif hat auch jeder einen Nutzen. So wie die GEZ- Gebühr nicht von der Intensität des Rundfunkkonsums abhängt, kann auch eine Nahverkehrsabgabe unabhängig von der ÖPNV- Nutzung erhoben werden. Denn eigentlich profitieren von einem Gratis- ÖPNV alle:
1. Jeder kann irgendwann den ÖPNV nutzen, wenn nicht täglich, so doch öfters, als dies heute wegen der Fahrpreise passiert.
2. Jeder hat Nutzen von einem besser genutzten ÖPNV. Denn jede vermiedene Autofahrt macht die Straßen freier, vermeidet Lärm, Abgase und Stau. Ein guter ÖPNV fördert die Innenstädte. Die Dienstleistungen werden wieder attraktiver, so dass auch für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer dort die Angebote besser werden. Umgekehrt macht ein besseres Angebot in den Innenstädten den ÖPNV attraktiver!
Folgende Effekte tragen mit zur Finanzierung des Nulltarif bei:
1. Das teuerste beim Busverkehr ist der Fahrerlohn. Aber jeder Busfahrer, der durch mehr Nachfrage einen Job bekommt, ersetzt eine Hartz IV- Stelle. Die dafür nötigen 500 Euro und weitere Nebenkosten sind also unvermeidbar. Außerdem können viele weniger qualifizierte Personen als Busfahrer ausgebildet werden, solange diese gesund und zuverlässig sind.
2. Das ganze Tarifwesen kostet ja auch Geld und Verwaltungsaufwand. Bei einem Nulltarif muss man nicht mehr ermitteln, wer die Berechtigung für Sozial- oder Schülertickets hat. Man muss keine Automaten mehr aufstellen, keine Vorverkaufsstellen unterhalten, keine Tickets mehr beim einsteigen verkaufen und kontrollieren und keine Geldlogistik betreiben. Dadurch das die Busfahrer von Tätigkeiten entlastet werden und bei einem Nulltarif durch alle Türen ein- und ausgestiegen werden kann, beschleunigen sich die Fahrzeiten. Je nach Linie können mehr Zeitpuffer eingebaut werden, um Verspätungen zu vermeiden oder der Linienweg verlängert werden.
3. Steuererhöhungen für einen besseren ÖPNV stehen die abgschafften Fahrpreise gegenüber! Da die ÖPNV- Nutzung bei Leuten mit geringeren Einkommen größer ist, als in höheren Lohngruppen, kommt ein Nulltarif besonders sozial Schwächeren und Familien zugute.
4. Im erweiterten Sinn ist eine Steuererhöhung für den ÖPNV aufkommensneutral, weil die zuvor genannten Kosten gesenkt werden und weil die Gehälter der Busfahrer über den Konsum und andere Ausgaben wieder in den Wirtschaftskreislauf gehen. Wenn man die neuen Steuern so einführt, dass starke Schultern schwerere Lasten tragen können, ist der Nulltarif eine Form der Umverteilung von oben nach unten.
5. Durch den Nulltarif werden Menschen mobiler! Die Arbeitssuche wird erleichtert und auch geringfügige Jobs als Zuverdienst werden lohnender, wenn die Kosten für Fahrkarten entfallen. Der Nulltarif würde daher auch zu sinkenden Sozialkosten führen.
6. Durch den Nulltarif wird die Nutzung von Bus und Bahn steigen. Das macht Fahrplanverbesserungen und Kapazitätserweiterungen nötig. Im Berufsverkehr kann sehr oft durch Busanhänger preiswert das Platzangebot ausgeweitet werden. Außerhalb des Berufsverkehrsverkehrs sind viele Busse und Bahnen abgestellt, die nur in den kurzen Spitzenzeiten eingesetzt werden. Deren Produktivität steigt, wenn die künftig häufiger eingesetzt werden. Es sind in diesem Fall also vor allem die Lohnkosten, die steigen, die Fahrzeuge für viele Fahrplanverbesserungen sind bereits da. Da im Berufsverkehr schon heute die preiswerteren Zeitkarten eingesetzt werden, werden die größten Fahrgastzuwächse in den Zeiten stattfinden, wo Fahrgäste häufiger mit Einzeltickets fahren. Durch deren hohen Preis werden nämlich viele potentielle Gelegenheitsfahrgäste auf das Auto vertrieben - und dass oft zu Zeiten, wo die nachfrage geringer ist. Viele Gelegenheitsfahrgäste würden aber zu Zeiten gewonnen, wo die Busse noch Platzkapazitäten haben, so dass das Mehraufkommen an Fahrgästen nicht immer zu höheren Kosten führen muss.
Volkswirtschaftlich ist es egal, ob ich für eine Leistung das Geld über Fahrpreise oder Steuern zahle. Da aber die Fahrpreise viele Leute davon abhalten, sich sinnvoll im Verkehr zu verhalten und so viele positive Effekte, die der Nahverkehr haben könnte, ausbleiben, ist es sinnvoll, die ÖPNV- Mitfinanzierung über die Fahrpreise weitgehend zu beenden. Ein ÖPNV, der wesentlich mehr PKW- Verkehr ersetzt, als der heutige Nahverkehr, leistet einen enormen Beitrag für lebenswerte Städte und Dörfer. Den Nutzen dieser erhöhten Lebensqualität haben wirklich alle.
Beispiele dafür, wie so ein Nulltarif wirkt, liefern die Semestertickets. An der Uni Paderborn hat sich die ÖPNV- Nutzung in den 90er Jahren verzehnfacht, die Parksituation rund um die Uni hat sich deutlich entschärft, so dass wegen dem Semesterticket auf eine Parkraumbewirtschaftung verzichtet wurde.
Ein Missbrauch des Nulltarifes ist eigentlich nicht möglich. Es wird keine signifikante Gruppe geben, die nur aus Spaß tagelang nur im Bus rumsitzt. Und wenn es mal einen gibt, der das tut, erzeugt der eigentlich keine Kosten, da dieser nur ein vorhandenes Angebot nutzt.
Das einzige Problem beim Nulltarif ist, das bei einem landesweiten Nulltarif der Wettbewerb mit Reisebusfirmen verzerrt würde oder Großgruppen in den ÖPNV strömen, die den überlasten. Da aber die Absicht des Nulltarif ist, PKW- Verkehr und nicht Reisbusverkehr auf den ÖPNV zu verlagern, muss dieser nicht landesweit sein. Die wesentliche Wirkung wird im Nahbereich erreicht, so dass es genügt, einen regionalen Nulltarif einzuführen. Ich stelle mir das so vor, dass man eine Kernstadt hat, in der man wohnt mit einem Kreis von Nachbarstädten, deren Zentren in 15 bis 20 km Umkreis des Hauptwohnortes liegen. In diesem Bereich, wo die meisten täglichen Fahrten anfallen, sollte der Nulltarif gelten. Der Personalausweis kann als Fahrkarte gelten. Im Überlandverkehr auf der Schiene und bei langen Buslinien wird es also noch Tarife geben. Aber: Wenn auf einer Strecke oder Linie der Nahverkehr so stark ist, dass die paar Fahrgäste mit überregionalen Fahrten kaum ins Gewicht fallen, kann man der Einfachheit halber generell auf den Fahrpreis verzichten.
Für Remscheid hieße dass, dass hier so gut wie alle Buslinien total frei nutzbar wären. Auch die Eisenbahnstrecke des Müngstener erschließt ein so überschaubares Gebiet, dass man auf die Fahrpreise verzichten kann.
Anders in Großstädten mit sehr hohen Einpendlerzahlen. Düsseldorf, Köln, Dortmund und Essen würden wohl im Innenstadt-und Stadtbahnbereich noch ihr Tarifwesen für die Einpendler erhalten. Aber sparen tun die Pendler in diese Orte auch, da diese ja dort, wo sie wohnen, gratis die Fahrt beginnen können. Wer von Remscheid nach Düsseldorf muss, braucht dann nur noch eine Monatskarte der Zone B für die Strecke Solingen - Düsseldorf. Somit sinken bei den heutigen Tarifen die monatlichen Kosten für das Ticket- 2000 Abo um 22% von 114,14 auf 89,1 Euro.
Den Nulltarif fordere ich nicht als Reflex auf ähnliche Forderungen der Piratenpartei. Mit Hasselt haben wir uns schon seinerzeit bei der AG Verkehr der Remscheider Agenda 21 befasst und auf Abgeordnetenwatch habe ich den Nulltarif schon lange vor den Piraten im Jahr 2010 gefordert (Antwort ganz unten).
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