4. Dezember 2012 - 18:33 – ALternativ009
Von Rolf Ebbinghaus, Alternative Liste Radevormwald (AL)
Seit Monaten ja Jahren wird um die Rettung des Euro gestritten, bei genauerem Hinsehen eigentlich ja weniger gestritten. Alle Rettungspakete einschließlich des ESM wurden von den Abgeordneten des Bundestages durchgewunken. Kritische Stimmen waren eher selten. Überzeugt werden muss(te) vor allem der Bürger. In der Bevölkerung wuchs mit jeder zusätzlichen Haftungsmilliarde die Skepsis, ob diese Politik richtig sein kann und zu einem guten Ende führt! Deshalb war die Politik gefordert den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären, warum diese Politik so alternativlos ist. Bei genauerem Hinsehen, entpupen sich die Begründungszusammenhänge, die von Regierung und Opposition gegeben werden (mit Ausnahme der Linken) als ein einziges Märchenland.
Warum muss Deutschland oder die Länder des Nordens den Südländern helfen?
Alle Parteien werden nicht müde, zu erzählen, dass Deutschland der größte Profiteur des Euro sei! Diese Aussage wird nicht richtiger dadurch, dass man sie ständig wiederholt! Während in Spanien die Realeinkommen bis zum Ausbruch der Finanzkrise um 50% (!) gestiegen sind, hatten die deutschen Bürger Realeinkommensverluste hinzunehmen. Die Hochkonjunktur Spaniens (Bauboom) ist vor allem mit dem Kapitalexport aus der Bundesrepublik finanziert worden. Nun, da die Immobilienblase geplatzt ist, sollen erneut deutsche Steuerzahler und Sparer für die überschuldeten spanischen Banken haften!!
Weil sich immer häufiger unter den deutschen Bürgern herumspricht, dass die Aussage vom großen Profiteur des Euro eine Mär ist, wird neuerdings immer häufiger die Rettungsnotwendigkeit mit der Aufforderung zur Solidarität begründet, möglichst noch ergänzt um den Hinweis, auch Deutschland hätte nach dem 2. Weltkrieg Solidarität von seinen Nachbarn erfahren! Dieses Argument ist geradezu schäbig, weil es die Zusammenhänge völlig verzehrt! Keinem griechischen Normalbürger wurde durch die vielen Hilfsmilliarden geholfen. Im Gegenteil. Um die Hilfsmilliarden innenpolitisch zu rechtfertigen, wurden den Griechen Bedingungen gestellt, die sie jeden Tag ärmer machen! Geholfen wurde vor allem den Gläubigern Griechenlands (französische Banken, Hedgefonds, Goldman Sachs) denen man durch die Rettungsschirme Zeit erkaufte, um die gefährdeten griechischen Anleihen im öffentlichen Sektor (z. B. der EZB) abzuladen. Die Solidarität, die hier gefordert wird, ist die Solidarität mit den 2% reichsten Kapitalbesitzern dieser Erde auf dem Rücken der „Normalbürger“ in der gesamten Eurozone!
Die Rettung ist also weder eine Rettung des Euro, noch Griechenlands oder anderer schwächelnder Länder und deren Bevölkerung, sondern ist ausschließlich eine Bankenrettung!
Worin besteht die Krise des Euro?
Auch was die Ursachenanalyse angeht, wird eher getrickst als informiert. Gesprochen wird von einer Staatsschuldenkrise. Ja, die gibt es! Die Länder des Südens haben das „Geschenk“ der niedrigen Zinsen, das sie mit dem Euro bekommen haben im Wesentlichen verfrühstückt, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise. In Griechenland sind die durch die niedrigen Zinsen frei werdenden Mittel gleich in den Konsum geflossen, in Spanien hat man in unnütze Projekte investiert (von Häusern bis zu Flugplätzen und Autobahnen) und in Irland wurden die hochspekulativen Banken gerettet. Das ist aber nur eine Seite der Medaille!
Gleichzeitig ist es aber auch eine Krise der Wettbewerbsfähigkeit der schwächelnden Länder. Das trifft weniger auf Irland aber umso mehr auf die südeuropäischen Länder zu. Unter den Bedingungen des international relativ teuren Euro waren und sind ihre Produkte nicht wettbewerbsfähig! Konnte man früher die Wettbewerbsfähigkeit durch Abwertung der Währung zum Teil wiederherstellen, ohne unmittelbar die Einkommen zu senken, ist das im Rahmen einer einheitlichen Währung nicht möglich! Und so kommen diese Länder zu ständigen negativen Leistungsbilanzen, sprich sie konsumieren aus dem Rest der Welt mehr, als sie durch eigene Exporte verdient haben! Umgekehrt hat die deutsche Exportindustrie von dem für sie eher etwas zu schwachen Euro profitiert und konnte ihre globalen Marktpositionen ausbauen. Dieses Problem ist viel schwieriger zu lösen, als die Staatsschuldenkrise. Deshalb wird es auch gerne von den Politikern vergessen! Denn es bieten sich nur 3 Lösungswege an:
Was sind ungerechtfertigt hohe Zinsen? Die Mär von den unbezahlbaren Zinsen
Viele Politiker erklärten in den letzten Wochen die „7% Marke“ als rote Linie! Ein solcher Zins sei untragbar für die Länder des Südens. Der „Wirtschaftsweise“ Herr Prof. Bohfinger wunderte sich in einem Interview, dass Italien deutlich höhere Zinsen als Großbritannien zahlen müsse, obgleich beide Länder doch etwa gleich hoch verschuldet seien! Rettungspolitiker und einige Ökonomen sehen darin den Beleg dafür, dass Kräfte des internationalen Finanzmarktes den Euro angreifen wollen, in dem sie einige Länder aus dem Verbund lösen wollen.
Bevor wir auf die „Verschwörungstheorie“ eingehen, betrachten wir zunächst noch einmal die Höhe des Zinssatzes. Im Vergleich zu den Zinshöhen, die derzeit die Bundesrepublik bezahlt, ist das natürlich schon extrem viel. Aber der Niedrigzins (hin und wieder auch Negativzins) für deutsche Anleihen ist gleichfalls nicht normal und spiegelt nur einerseits die Masse des vagabundierenden Geldes wieder, das vor allem nach einer sicheren Anlagemöglichkeit sucht! Griechenland, Spanien und andere Länder zahlen höhere Zinsen, weil darin höhere Risikoaufschläge enthalten sind. Die Krisen dieser Länder sind nicht durch die Intervention von Finanzmarktkräften entstanden, sondern sie sind real! In Spanien ist viel Geld in einer Immobilienblase verbrannt worden, während die Griechen gleich ihren Konsum auf Pump organisiert haben!
In dieser Situation sind steigende Zinsen natürlich schwierig zu ertragen, weil sie zu weiterem Konsumverzicht zwingen. Aber 7% als untragbar zu bezeichnen ist völlig unangemessen.
Die Länder des Südens haben in den vergangenen Jahren von sehr niedrigen Zinsen im Euroraum profitiert. Wenn heute kleinere Refinanzierungsmengen zu deutlich höheren Zinsen beschafft werden müssen, so lässt das zwar den Durchschnittszins etwas ansteigen, dieser befindet sich aber weiterhin auf einem historisch niedrigen Tiefststand (so auch der Präsident der Sparkassen in einem Gastbeitrag der FAZ am 14.09.12). Die Länder des Südens sind aus den Zeiten nationaler Währung an deutlich höhere Zinsen gewöhnt!
Allerdings macht die Niedrigzinspolitik der EZB auch ihren Sinn! Bei Guthabenzinsen von 0,5% und einer Inflationsrate von über 2% kann der Staat – wenn auch nur langsam – auf Kosten der Geldvermögensbesitzer seine Schulden senken! Die Geldvermögensbesitzer sind aber eher die Arbeitnehmer, Rentner mit einem Sparbuchvermögen als „Notgroschen“. Der Lösungsansatz, auf wessen Kosten die Krise „zu lösen“ ist, bleibt bei dieser Politik vollständig erhalten. Eleganter Weise kann mit dieser Politik auch gleich ein weiteres "europäisches" Problem gelöst werden. Denn mit der Politik des billigen Geldes entzieht man den "Banken des kleinen Mannes" - gemeint sind die Volks- und Sparkassen in Deutschland - ihre Geschäftsgrundlage.
Die Mär vom Angriff auf den Euro
Die Euroretter begründen ihre Maßnahmen immer wieder damit, dass es notwendig sei, die internationalen Finanzmärkte zu beruhigen und das geschehe am besten, wenn die Eurostaaten für jede x-beliebige Schuldensumme haften würden. Einige argumentieren auch damit, dass es sich um einen strategischen Angriff der Finanzmärkte auf den Euro handele, der international (mindestens jedoch in den angelsächsischen Ländern) nicht beliebt sei. Nun, dass die Verschuldungspolitik des us-amerikanischen Staates etwas einfacher wird, wenn es nur den Dollar als internationale Reservewährung gibt, ist verständlich. Aber im gleichen Maße wären die Gläubigerstaaten froh, wenn noch andere „sichere“ internationale Währungen bestehen würden.
Aber warum kommt es dann immer wieder zu einer Spekulation gegen „schwächelnde Eurostaaten“ und nicht auch gegen Großbritannien oder die USA? Die Antwort ist eigentlich sehr simpel.
Die Eurorettungspolitik selbst beflügelt die Spekulation! Sie beruhigt nicht die Märkte, sondern ist das Futter, das den Brand am Leben erhält!
Als Gläubiger amerikanischer oder britischer Schuldenpapiere hilft mir keine Spekulation gegen Dollar oder Pfund. Niemand wird die Papiere gegen andere mit höherer Bonität eintauschen. Aber gerade das ist die Politik der Euroretter. Wer nur hinreichend an der Zahlungsfähigkeit spanischer Banken oder des Staates zweifelt, bekommt am Ende Geld aus Luxemburg oder besser abgesicherte Papiere. Im Falle Griechenlands hat diese Politik hervorragend funktioniert. Die Schulden Griechenlands liegen nun weitgehend in Händen öffentlicher Institutionen. So war auch der sogenannte freiwillige Schuldenschnitt Griechenlands für die Banken ein gutes Geschäft. Sie verloren zwar 53% ihrer Forderungen bekamen aber im Gegenzug eine neue „europäische“ Absicherung für die verbleibenden 47%. Im Falle der tatsächlichen Staatspleite hätten die Banken und Hedgefonds auch große Teile dieser nun gesicherte Forderungen abschreiben müssen.
Womit wir bei der Frage angekommen wären: Kostet die Eurorettung auch Geld?
Die Mär von der weitgehend kostenlosen Eurorettung
Viele Politiker erwecken immer wieder den Eindruck, als sei die Rettungspolitik weitgehend kostenlos. Wir bürgen ja nur, zahlen aber nicht. Müssen auch nicht zahlen, weil die Schuldner unter dem Schirm der Bürgschaft sich wirtschaftlich erholen. Dieses Märchen wird in vielen Variationen erzählt. So ist es beliebt darauf hinzuweisen, dass der Austritt Griechenlands der Bundesrepublik 80 oder 100 Milliarden Euro kosten würde. Niemand fragt aber danach, welche Kosten der Verbleib Griechenlands verursachen wird! Manchmal fallen den Eurorettern die eigenen Freunde in den Rücken und weisen selbst darauf hin, dass der Kaiser keine Kleider anhat. So dachte Ministerpräsident Samaras laut darüber nach, dass wahrscheinlich nur ein zweiter Schuldenschnitt seinem Land zur wirtschaftlichen Gesundung verhelfen würde. Dieser Schuldenschnitt wäre nun aber von den europäischen Steuerbürgern zu bezahlen, weil sie nun weitgehend statt der Privaten, Gläubiger griechischer Anleihen geworden sind. Diese Überlegung gab es dann auch nur einmal und wurde von allen sofort dementiert und anschließend totgeschwiegen.1) Nur ernst zunehmende Ökonomen sagen eindeutig, mit dem Schuldenstand von heute kann Griechenland bis 2020 nicht die angepeilte Verschuldensquote von 120% des Bruttoinlandsproduktes erreichen! Aber auf diese Pessimisten muss man ja nicht hören!
Aber die Hunderte von Eurorettungsmilliarden ist nur ein Teil der Gesamtrechnung. Gleichzeitig ist die Bundesbank gezwungen von den schwächelnden Ländern Papiere zu kaufen, die im Ernstfall nichts wert sind! Dieser Sachverhalt bildet sich in den sogenannten Target-2-Salden der Bundesbank ab. Diese betrugen lt. Bundesbank am 31. Oktober 2012: 719.351.983.340,29 Euro und damit weit mehr Geld als die Haftungssummen, die die Politiker über alle Rettungspakete hinweg für die Bundesrepublik beschlossen haben. In der Traumwelt unserer Eurore(i)tter besteht diese Gefahr für die deutschen Sparer und Lebensversicherer nicht.
Im März 2012 erklärte die Bundesregierung auf Anfrage des CSU-Abgeordneten Gauweiler, dass es keine Target-Kredite gebe, sondern es sich nur um „Verrechnungsposten“ zum Ausgleich der Bilanz handeln würde. Formal handelt es sich auch um keine Kredite, sondern um Forderungen gegenüber den Notenbanken der Krisenländer. Diese Forderungen wachsen unaufhörlich, (von März bis Oktober um fast 50%) werden von niemandem kontrolliert und bilden – so der Leiter des Ifo-Institutes Prof. Hans-Werner Sinn – ein hervorragendes Erpressungsinstrument für weitere „offizielle Rettungsmanöver“. Denn je mehr Geld schon im Feuer ist, um so stärker der Druck, den Ausstieg auch nur eines Landes aus dem System zu verhindern, weil dann auch die Forderungen gegenüber diesem Land als weitgehend verloren gelten müssten! Aber niemand fragt danach, welche zusätzlichen Risiken mit dem ständigen Ankauf von Zeit mit eingekauft werden!
Das Stichwort „Erpressung“ zeigt uns aber auch, dass auch die grundlegende Vorstellung, dass ein zusammenarbeitendes Europa der Sicherung des Friedens in Europa dient, in der Gefahr steht, durch die Rettungspolitik verloren zu gehen! Schon heute wird die Schuld an der Misere, die die gequälten Bevölkerungen der Südländer zu tragen haben auf die Politiker der Nordländer (Retter) projiziert. Aber auch hier wächst der Unmut und er wird um so stärker wachsen um so deutlicher wird, dass unter der Mithilfe von sogenannten (Bank-)Beratern, die Rettungspolitik vor allem eine gewaltige Umverteilung von unten nach oben ist! Die Rettungspolitik in der heutigen Form gefährdet die Europapolitik von Generationen! Der Euro ist auch insoweit weit davon entfernt, ein Erfolgsmodell zu sein!
1) Dieser Artikel wurde in mehreren Abschnitten vor allem im Monat Oktober geschrieben. Das später vor allem die Chefin des IWF auf einem weiteren Schuldenschnitt bestehen würde, war damals nicht absehbar. In der bundesdeutschen Politik versucht man aber dennoch das Thema mindestens bis nach den Wahlen 2013 zu verschieben!
Warum muss Deutschland oder die Länder des Nordens den Südländern helfen?
Alle Parteien werden nicht müde, zu erzählen, dass Deutschland der größte Profiteur des Euro sei! Diese Aussage wird nicht richtiger dadurch, dass man sie ständig wiederholt! Während in Spanien die Realeinkommen bis zum Ausbruch der Finanzkrise um 50% (!) gestiegen sind, hatten die deutschen Bürger Realeinkommensverluste hinzunehmen. Die Hochkonjunktur Spaniens (Bauboom) ist vor allem mit dem Kapitalexport aus der Bundesrepublik finanziert worden. Nun, da die Immobilienblase geplatzt ist, sollen erneut deutsche Steuerzahler und Sparer für die überschuldeten spanischen Banken haften!!
Weil sich immer häufiger unter den deutschen Bürgern herumspricht, dass die Aussage vom großen Profiteur des Euro eine Mär ist, wird neuerdings immer häufiger die Rettungsnotwendigkeit mit der Aufforderung zur Solidarität begründet, möglichst noch ergänzt um den Hinweis, auch Deutschland hätte nach dem 2. Weltkrieg Solidarität von seinen Nachbarn erfahren! Dieses Argument ist geradezu schäbig, weil es die Zusammenhänge völlig verzehrt! Keinem griechischen Normalbürger wurde durch die vielen Hilfsmilliarden geholfen. Im Gegenteil. Um die Hilfsmilliarden innenpolitisch zu rechtfertigen, wurden den Griechen Bedingungen gestellt, die sie jeden Tag ärmer machen! Geholfen wurde vor allem den Gläubigern Griechenlands (französische Banken, Hedgefonds, Goldman Sachs) denen man durch die Rettungsschirme Zeit erkaufte, um die gefährdeten griechischen Anleihen im öffentlichen Sektor (z. B. der EZB) abzuladen. Die Solidarität, die hier gefordert wird, ist die Solidarität mit den 2% reichsten Kapitalbesitzern dieser Erde auf dem Rücken der „Normalbürger“ in der gesamten Eurozone!
Die Rettung ist also weder eine Rettung des Euro, noch Griechenlands oder anderer schwächelnder Länder und deren Bevölkerung, sondern ist ausschließlich eine Bankenrettung!
Worin besteht die Krise des Euro?
Auch was die Ursachenanalyse angeht, wird eher getrickst als informiert. Gesprochen wird von einer Staatsschuldenkrise. Ja, die gibt es! Die Länder des Südens haben das „Geschenk“ der niedrigen Zinsen, das sie mit dem Euro bekommen haben im Wesentlichen verfrühstückt, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise. In Griechenland sind die durch die niedrigen Zinsen frei werdenden Mittel gleich in den Konsum geflossen, in Spanien hat man in unnütze Projekte investiert (von Häusern bis zu Flugplätzen und Autobahnen) und in Irland wurden die hochspekulativen Banken gerettet. Das ist aber nur eine Seite der Medaille!
Gleichzeitig ist es aber auch eine Krise der Wettbewerbsfähigkeit der schwächelnden Länder. Das trifft weniger auf Irland aber umso mehr auf die südeuropäischen Länder zu. Unter den Bedingungen des international relativ teuren Euro waren und sind ihre Produkte nicht wettbewerbsfähig! Konnte man früher die Wettbewerbsfähigkeit durch Abwertung der Währung zum Teil wiederherstellen, ohne unmittelbar die Einkommen zu senken, ist das im Rahmen einer einheitlichen Währung nicht möglich! Und so kommen diese Länder zu ständigen negativen Leistungsbilanzen, sprich sie konsumieren aus dem Rest der Welt mehr, als sie durch eigene Exporte verdient haben! Umgekehrt hat die deutsche Exportindustrie von dem für sie eher etwas zu schwachen Euro profitiert und konnte ihre globalen Marktpositionen ausbauen. Dieses Problem ist viel schwieriger zu lösen, als die Staatsschuldenkrise. Deshalb wird es auch gerne von den Politikern vergessen! Denn es bieten sich nur 3 Lösungswege an:
- Die Länder des Nordens finanzieren dauerhaft den Konsum des Südens! Das kann durch scheinbare Kredite, die aber letztlich Geschenke sind, geschehen oder durch eine entsprechend höhere Inflationsrate im Norden als im Süden.
- Die Länder des Südens betreiben gezielt eine Deflationspolitik, senken also die Einkommen ihrer Bürger. Das ist in dem notwenigen Umfang (30% und mehr) kaum möglich und bringt riesige soziale Verwerfungen und Belastungen mit sich.
- Die Länder erhalten (vorübergehend) eine eigene Währung zurück, die sie abwerten können.
Was sind ungerechtfertigt hohe Zinsen? Die Mär von den unbezahlbaren Zinsen
Viele Politiker erklärten in den letzten Wochen die „7% Marke“ als rote Linie! Ein solcher Zins sei untragbar für die Länder des Südens. Der „Wirtschaftsweise“ Herr Prof. Bohfinger wunderte sich in einem Interview, dass Italien deutlich höhere Zinsen als Großbritannien zahlen müsse, obgleich beide Länder doch etwa gleich hoch verschuldet seien! Rettungspolitiker und einige Ökonomen sehen darin den Beleg dafür, dass Kräfte des internationalen Finanzmarktes den Euro angreifen wollen, in dem sie einige Länder aus dem Verbund lösen wollen.
Bevor wir auf die „Verschwörungstheorie“ eingehen, betrachten wir zunächst noch einmal die Höhe des Zinssatzes. Im Vergleich zu den Zinshöhen, die derzeit die Bundesrepublik bezahlt, ist das natürlich schon extrem viel. Aber der Niedrigzins (hin und wieder auch Negativzins) für deutsche Anleihen ist gleichfalls nicht normal und spiegelt nur einerseits die Masse des vagabundierenden Geldes wieder, das vor allem nach einer sicheren Anlagemöglichkeit sucht! Griechenland, Spanien und andere Länder zahlen höhere Zinsen, weil darin höhere Risikoaufschläge enthalten sind. Die Krisen dieser Länder sind nicht durch die Intervention von Finanzmarktkräften entstanden, sondern sie sind real! In Spanien ist viel Geld in einer Immobilienblase verbrannt worden, während die Griechen gleich ihren Konsum auf Pump organisiert haben!
In dieser Situation sind steigende Zinsen natürlich schwierig zu ertragen, weil sie zu weiterem Konsumverzicht zwingen. Aber 7% als untragbar zu bezeichnen ist völlig unangemessen.
Die Länder des Südens haben in den vergangenen Jahren von sehr niedrigen Zinsen im Euroraum profitiert. Wenn heute kleinere Refinanzierungsmengen zu deutlich höheren Zinsen beschafft werden müssen, so lässt das zwar den Durchschnittszins etwas ansteigen, dieser befindet sich aber weiterhin auf einem historisch niedrigen Tiefststand (so auch der Präsident der Sparkassen in einem Gastbeitrag der FAZ am 14.09.12). Die Länder des Südens sind aus den Zeiten nationaler Währung an deutlich höhere Zinsen gewöhnt!
Allerdings macht die Niedrigzinspolitik der EZB auch ihren Sinn! Bei Guthabenzinsen von 0,5% und einer Inflationsrate von über 2% kann der Staat – wenn auch nur langsam – auf Kosten der Geldvermögensbesitzer seine Schulden senken! Die Geldvermögensbesitzer sind aber eher die Arbeitnehmer, Rentner mit einem Sparbuchvermögen als „Notgroschen“. Der Lösungsansatz, auf wessen Kosten die Krise „zu lösen“ ist, bleibt bei dieser Politik vollständig erhalten. Eleganter Weise kann mit dieser Politik auch gleich ein weiteres "europäisches" Problem gelöst werden. Denn mit der Politik des billigen Geldes entzieht man den "Banken des kleinen Mannes" - gemeint sind die Volks- und Sparkassen in Deutschland - ihre Geschäftsgrundlage.
Die Mär vom Angriff auf den Euro
Die Euroretter begründen ihre Maßnahmen immer wieder damit, dass es notwendig sei, die internationalen Finanzmärkte zu beruhigen und das geschehe am besten, wenn die Eurostaaten für jede x-beliebige Schuldensumme haften würden. Einige argumentieren auch damit, dass es sich um einen strategischen Angriff der Finanzmärkte auf den Euro handele, der international (mindestens jedoch in den angelsächsischen Ländern) nicht beliebt sei. Nun, dass die Verschuldungspolitik des us-amerikanischen Staates etwas einfacher wird, wenn es nur den Dollar als internationale Reservewährung gibt, ist verständlich. Aber im gleichen Maße wären die Gläubigerstaaten froh, wenn noch andere „sichere“ internationale Währungen bestehen würden.
Aber warum kommt es dann immer wieder zu einer Spekulation gegen „schwächelnde Eurostaaten“ und nicht auch gegen Großbritannien oder die USA? Die Antwort ist eigentlich sehr simpel.
Die Eurorettungspolitik selbst beflügelt die Spekulation! Sie beruhigt nicht die Märkte, sondern ist das Futter, das den Brand am Leben erhält!
Als Gläubiger amerikanischer oder britischer Schuldenpapiere hilft mir keine Spekulation gegen Dollar oder Pfund. Niemand wird die Papiere gegen andere mit höherer Bonität eintauschen. Aber gerade das ist die Politik der Euroretter. Wer nur hinreichend an der Zahlungsfähigkeit spanischer Banken oder des Staates zweifelt, bekommt am Ende Geld aus Luxemburg oder besser abgesicherte Papiere. Im Falle Griechenlands hat diese Politik hervorragend funktioniert. Die Schulden Griechenlands liegen nun weitgehend in Händen öffentlicher Institutionen. So war auch der sogenannte freiwillige Schuldenschnitt Griechenlands für die Banken ein gutes Geschäft. Sie verloren zwar 53% ihrer Forderungen bekamen aber im Gegenzug eine neue „europäische“ Absicherung für die verbleibenden 47%. Im Falle der tatsächlichen Staatspleite hätten die Banken und Hedgefonds auch große Teile dieser nun gesicherte Forderungen abschreiben müssen.
Womit wir bei der Frage angekommen wären: Kostet die Eurorettung auch Geld?
Die Mär von der weitgehend kostenlosen Eurorettung
Viele Politiker erwecken immer wieder den Eindruck, als sei die Rettungspolitik weitgehend kostenlos. Wir bürgen ja nur, zahlen aber nicht. Müssen auch nicht zahlen, weil die Schuldner unter dem Schirm der Bürgschaft sich wirtschaftlich erholen. Dieses Märchen wird in vielen Variationen erzählt. So ist es beliebt darauf hinzuweisen, dass der Austritt Griechenlands der Bundesrepublik 80 oder 100 Milliarden Euro kosten würde. Niemand fragt aber danach, welche Kosten der Verbleib Griechenlands verursachen wird! Manchmal fallen den Eurorettern die eigenen Freunde in den Rücken und weisen selbst darauf hin, dass der Kaiser keine Kleider anhat. So dachte Ministerpräsident Samaras laut darüber nach, dass wahrscheinlich nur ein zweiter Schuldenschnitt seinem Land zur wirtschaftlichen Gesundung verhelfen würde. Dieser Schuldenschnitt wäre nun aber von den europäischen Steuerbürgern zu bezahlen, weil sie nun weitgehend statt der Privaten, Gläubiger griechischer Anleihen geworden sind. Diese Überlegung gab es dann auch nur einmal und wurde von allen sofort dementiert und anschließend totgeschwiegen.1) Nur ernst zunehmende Ökonomen sagen eindeutig, mit dem Schuldenstand von heute kann Griechenland bis 2020 nicht die angepeilte Verschuldensquote von 120% des Bruttoinlandsproduktes erreichen! Aber auf diese Pessimisten muss man ja nicht hören!
Aber die Hunderte von Eurorettungsmilliarden ist nur ein Teil der Gesamtrechnung. Gleichzeitig ist die Bundesbank gezwungen von den schwächelnden Ländern Papiere zu kaufen, die im Ernstfall nichts wert sind! Dieser Sachverhalt bildet sich in den sogenannten Target-2-Salden der Bundesbank ab. Diese betrugen lt. Bundesbank am 31. Oktober 2012: 719.351.983.340,29 Euro und damit weit mehr Geld als die Haftungssummen, die die Politiker über alle Rettungspakete hinweg für die Bundesrepublik beschlossen haben. In der Traumwelt unserer Eurore(i)tter besteht diese Gefahr für die deutschen Sparer und Lebensversicherer nicht.
Im März 2012 erklärte die Bundesregierung auf Anfrage des CSU-Abgeordneten Gauweiler, dass es keine Target-Kredite gebe, sondern es sich nur um „Verrechnungsposten“ zum Ausgleich der Bilanz handeln würde. Formal handelt es sich auch um keine Kredite, sondern um Forderungen gegenüber den Notenbanken der Krisenländer. Diese Forderungen wachsen unaufhörlich, (von März bis Oktober um fast 50%) werden von niemandem kontrolliert und bilden – so der Leiter des Ifo-Institutes Prof. Hans-Werner Sinn – ein hervorragendes Erpressungsinstrument für weitere „offizielle Rettungsmanöver“. Denn je mehr Geld schon im Feuer ist, um so stärker der Druck, den Ausstieg auch nur eines Landes aus dem System zu verhindern, weil dann auch die Forderungen gegenüber diesem Land als weitgehend verloren gelten müssten! Aber niemand fragt danach, welche zusätzlichen Risiken mit dem ständigen Ankauf von Zeit mit eingekauft werden!
Das Stichwort „Erpressung“ zeigt uns aber auch, dass auch die grundlegende Vorstellung, dass ein zusammenarbeitendes Europa der Sicherung des Friedens in Europa dient, in der Gefahr steht, durch die Rettungspolitik verloren zu gehen! Schon heute wird die Schuld an der Misere, die die gequälten Bevölkerungen der Südländer zu tragen haben auf die Politiker der Nordländer (Retter) projiziert. Aber auch hier wächst der Unmut und er wird um so stärker wachsen um so deutlicher wird, dass unter der Mithilfe von sogenannten (Bank-)Beratern, die Rettungspolitik vor allem eine gewaltige Umverteilung von unten nach oben ist! Die Rettungspolitik in der heutigen Form gefährdet die Europapolitik von Generationen! Der Euro ist auch insoweit weit davon entfernt, ein Erfolgsmodell zu sein!
1) Dieser Artikel wurde in mehreren Abschnitten vor allem im Monat Oktober geschrieben. Das später vor allem die Chefin des IWF auf einem weiteren Schuldenschnitt bestehen würde, war damals nicht absehbar. In der bundesdeutschen Politik versucht man aber dennoch das Thema mindestens bis nach den Wahlen 2013 zu verschieben!
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