Kommunalpolitischer Infodienst des Kommunalpolitischen Büros der ÖD Ausgabe II/2012 Juni/Juli 2012
Verantwortlich für den Inhalt:
Walter Konrad
Kommunalpolitischer Referent beim Bundesvorstand der ÖDP
Neckarstraße 27—29
55118 Mainz
Tel.: 06131-27 55 64
Vorwort
1. Eigenbeiträge von ÖDP-Aktiven
2.Allgemeine Informationen
2.1 Familienförderung als kommunale Pflichtaufgabe
2.2 Bei der Beschaffung die richtigen Anreize setzen
2.3 Schulentwicklungsplanung der Kommunen
2.4 Bildungsförderung in Kommunen
2.5 Volksbegehren in Bundesländern immer häufiger
3. Hinweise von ÖDP-Mandatsträgern/-trägerinnen
3.1 Seminar für Frauen in kommunalpolitischen Führungs- Positionen (Hinweis von Rosemarie Bendl)
4 Umweltfragen.
4.1 Abfallpädagogik
4.2 Kommunaler Klimaschutz – Möglichkeiten für Kommunen
4.3 Filterpflicht für Baumaschinen
4.4 Autofahrer können ÖPNV testen
5. Kommunale Verwaltung
5.1 Belohnung für umweltgerechtes Verhalten
5.2 Umsatzsteuerbefreiung für kommunale Entsorger auf dem Prüfstand
5.3 Geld für kommunale Energiewende auf kommunaler Ebene in Bayern 25.4 Urban Gardening
5.5 City-Maut
6. Urteile bzw. rechtliche Hinweise zu kommunalpolitischen Sachverhalten
6.1 Laufzeit eines Wärmeversorgungsvertrages
6.2 Benutzung unbenutzbarer Radwege
6.3 Flohmärkte und Sonntagsschutz
6.4 Zwei Urteile zum Thema Kinderlärm
7. Publikationen
7.1 Forum
8.2 Ideensammlung nachhaltige Ansätze aus Kunst, Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft
8.3 Mobilität im ländlichen Raum
8.4 Wahrheit über die Wasserkraft
9. Termine
9.1 ÖDP-Bundesverband/ÖDP Bayern
9.2 andere Termine
Vorwort
Nachdem ich diesen Infodienst zusammengestellt habe, verabschiede ich mich in den Sommerurlaub. Sicherlich geht es mir dabei so wie vielen von Ihnen. Für eine Zeit aus dem „normalen“ Alltag ausscheiden und sich Zeit für die Dinge zu nehmen, die sonst aufgrund von vielen terminlichen Verpflichtungen aus der politischen Arbeit vor Ort zu kurz kommen.
Auch die politischen Akteure in Berlin haben sich in den Urlaub verabschiedet. Sie haben den Menschen, die in Deutschland leben, mit der durch das Parlament und den Bundesrat „gepeitschten“ Entscheidungen zu ESM und Fiskalpakt ein ziemliches Paket hinterlassen, das uns, wenn es denn dabei bleibt, noch einiges Kopfzerbrechen bereiten wird. Die deutlichen Ermahnungen des Bundesverfassungsgerichtes, die Regierung habe die Informationsrechte des Parlamentes verletzt, haben offensichtlich keine Wirkungen hinterlassen. Leider auch nicht bei SPD und den Grünen, die ja erst die Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Gremien abgesichert haben.
Glücklicherweise hat Bundespräsident Gauck die Unterzeichnung der entsprechenden Gesetze verweigert. Um die – erneute – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten.
Das Bundesverfassungsgericht wird – leider – durch handwerkliche Fehler der Regierung und durch am Eigennutz der regierenden Parteien orientierte Entscheidungen der Parlamente immer mehr in die Rolle gedrängt, selbst Politik machen zu müssen. Schon Roman Herzog hat dies vor Jahren zu Recht beklagt.
Notwendig ist dieses Handeln des Gerichts auch bei der von der ÖDP eingereichten Klage wegen der übermäßig aufgeblähten Finanzierung von Mitarbeitern der Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Eine Entscheidung wird hier hoffentlich etwas mehr Chancengleichheit im politischen Wettbewerb herstellen.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern des Infodienstes erholsame Ferientage und hoffe, dass der bevorstehende Wahlmarathon in Bund und den Ländern sowie den Kommunen in den Jahren 2013 und 2014 erfolgreich gestaltet werden kann.
Walter Konrad
1. Eigenbeiträge von ÖDP-Aktiven
Hermann Striedl (ehem. Mitglied des ÖDP-Bundesvorstandes; Richter a.D.; Regensburg) Arbeitskreis Demokratie, Außenpolitik, Europa Juni 2012
Fachgespräch Demokratie und Europa
Das vorgeschlagene Fachgespräch soll ein Diskussionsforum im Rahmen der Fortschreibung und der Aktualisierung des Grundsatzprogramms sein.
Die Thematik umfasst 2 unterschiedliche Komplexe, nämlich den Komplex Demokratie und den Komplex Europa (nach dem weiteren Inhalt der Einladung wohl EU). Beide sind enorm umfangreich, beide sollten sowohl bei den Vorträgen als auch in der Diskussion streng auseinander gehalten werden.
Dieser Vortrag befasst sich mit der Europäischen Union.
Vorweg eine Feststellung: Sowohl das Europapolitische Programm der ödp als auch das Europapolitische Kurzprogramm von 2009 ist von den Tatsachen überholt. Beide Programme zählen Anforderungen auf, die die ödp an eine demokratische EU stellt. Tatsächlich wurde jedoch eine EU zuletzt durch den Lissabonvertrag gestaltet, die mit den Vorstellungen der ödp nichts zu tun hat.
Es wurde ein Gebilde geschaffen, das trotz des vom Bundesverfassungsgericht eingeführten Begriffs Staatenverbund wegen der Übertragung der wesentlichen nationalen Souveränitätsrechte einschließlich der Gesetzgebungshoheiten einem zentralistischen Bundesstaat gleicht.
Besonders bedenklich ist, dass die nationalen Regierungen durch Völkerrechtsverträge diesem Staatengebilde gleichsam eine Verfassung gegeben haben, die bindend für die verbündeten Völker ist, und die- zumindest nach Auffassung der EU, einschließlich des Europäischen Gerichtshofs- über völkerrechtlichen Grundsätzen und über nationalem Recht einschließlich Verfassungsrecht (GG) steht.
Es ist in diesem Zusammenhang müßig, darauf einzugehen, auf welch undemokratische Weise der Lissabonvertrag zustande gekommen ist, er ist ein von den Regierungen der EUStaaten wirksam geschlossener völkerrechtlicher Vertrag. Es ist auch müßig, darüber zu streiten, ob er mit unserem Grundgesetz vereinbar ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dies bejaht. Der Vertrag ist für Deutschland verbindlich.
Nicht die undemokratische Entstehungsweise, sondern der Inhalt des Lissabonvertrages, der nahezu jede Mitwirkung der EU-Bürger ausschließt, ist das Faktum, mit dem wir uns befassen müssen.
Um den Lissabonvertrag zu begreifen, müssen wir bedenken, dass er von vorne herein für eine europäische Völkergemeinschaft als Wirtschaftsgemeinschaft angelegt war. Hiergegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Das Problem ist, dass er im Sinne der neoliberalen Marktwirtschaft gestaltet wurde. Dabei ist es der politischen Klasse mit raffinierten Winkelzügen gelungen, durch völkerrechtliche Verträge nicht nur die Interessen einer neoliberalen Marktwirtschaft verbindlich zu machen, es wurde durch Übertragung der Ausführung der Souveränitätsrechte auf teilweise undemokratische EU-Institutionen die Mitwirkung der Bürger ausgeschaltet.
Um es aus demokratischer Sicht klarzumachen: Regierungen schlossen ohne die Beteiligung der Bürger verbindliche Verträge. Der Lissabonvertrag schafft eine EU, die auch nach dem BVerfG nicht den demokratischen Anforderungen des Grundgesetzes entspricht. Da aber die EU noch kein Staat sei, seien an sie nicht die Anforderungen zu stellen, die an einen demokratischen Staat zu stellen sind.
Man bedenke: der EU wurden überwiegend die für einen Staat notwendigen Souveränitätsrechte übertragen, deren Ausübung einschließlich der Rechtssetzung nicht den Regeln für einen demokratischen Staat unterworfen sind.
Mit den Verträgen von Lissabon hat die „politische Klasse“ vertreten durch die Regierungen der EU-Länder ein für die neoliberale Wirtschaft passendes Vertragswerk geschaffen. Aber nicht nur, dass die Lissabonverträge eine geeignete Grundlage für eine neoliberale Wirtschaft bieten, zugleich wurden EU-Institutionen geschaffen, die den neoliberalen Kurs der EU sichern, insbesondere die EU-Kommission und den Gerichtshof der Europäischen Gemeinscha (EuGH).
Nochmals klar gestellt: Die EU-Verträge wurden von den Regierungen der EU-Staaten geschlossen.
Zugleich haben die EU-Staaten die nationalen Souveränitätsrechte auf die EU, d.h. auf deren Organe übertragen und ihre Einwirkungsmöglichkeiten und die der Menschen ihrer Staaten praktisch ausgeschlossen.
Im Folgenden einige wesentliche Bestimmungen aus den Lissabonverträgen, aus denen sich die rein neoliberale Ausrichtung ergibt, aus denen sich insbesondere die Tendenz eines marktradikalen Wachstumskurses ergibt.
„Wirtschaftswachstum" und eine „in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ sind die Ziele des Vertrags über die Europäische Union (Art.3 EUV)
Die unternehmerische Freiheit wird zum Grundrecht erhoben (Art.16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union)
Die EU gewährleistet eine ständige Ausweitung des Verbrauchs innerhalb der Union (Art.32 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ).
Der öffentliche Dienst, selbst die Daseinsvorsorge, soll privatisiert werden "Die Mitgliedstaaten werden in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine den Verträgen und insbesondere den Artikel 18 und 101 bis 109 widersprechenden Maßnahmen treffen oder beibehalten (Art. 106 AEUV).."
Umwelt und Arbeitsschutz werden dem freien Wettbewerb und dem Prinzip des freien Marktes untergeordnet und dürfen nur unter der Bedingung verfolgt werden, dass sie die neoliberale Politik nicht beeinträchtigen (Art.114 AEUV).
Die Interessen der Konzerne bestimmen die EU. So beschloss die EU auf Betreiben der European Round Table of Industrials (der Lobbyorganisation der multinationalen Konzerne auf EU-Ebene) die Lissabon-Strategie, nämlich 'die Flexibilisierung des Humankapitals' um die EU zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen (also durch eine Politik des Abbaus von ArbeitnehmerInnenrechten und Sozialleistungen).
Die Verträge sind undemokratisch. Das demokratische Staatensystem wird ersetzt durch moderne Managementprinzipien. Das Gewaltenteilungsprinzip ist aufgehoben. Die EU – Verwaltung ist wie ein moderner Konzern strukturiert. „Effizienz“ ist das Schlagwort.
Nicht eine demokratische Entscheidungsfindung sondern „ möglichst offene und bürgernahe Entscheidungen“ sollen getroffen werden.
Die Verträge beinhalten die Gefahr der Auflösung von bürgerlichen Grundrechten
Als "grundlegende Funktionen des Staates" werden "die Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der nationalen Sicherheit" bezeichnet, soziale, kulturelle, freiheitliche Aufgaben, u.a. kommen nicht vor.
Die in der Charta der Grundrechte festgelegten Freiheiten werden durch die Erläuterungen der Charta weitgehend relativiert oder sogar in ihr Gegenteil verkehrt.
Die Menschenrechte sind Anhang und Ausfluss einer marktwirtschaftlichen Verfassung, sie sind ihr damit nachgeordnet.
EU-Gerichte haben sich bisher in fast allen Fällen im Zweifelsfall gegen die Grundrechte und für das Managementdenken des effizienten Durchgriffs entschieden.
Die Lissabonverträge befürworten in völkerrechtswidriger Art weltweite Kriegseinsätze und eine Aufrüstungspolitik
So heißt es in Artikel 42 EUV "Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Die Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (im folgenden "Europäische Verteidigungsagentur") ermittelt den operativen Bedarf und fördert Maßnahmen zur Bedarfsdeckung, trägt zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors bei und führt diese Maßnahmen gegebenenfalls durch".
Die Charta der Vereinten Nationen wird für militärische Aktionen nicht als verbindlich anerkannt, sondern nur von ihren Grundsätzen her.
Der Einsatz des Militärs ist so weit gefasst ("Krisenbewältigung", "Terrorismus"), dass praktisch jede Form von militärischem Einsatz, der gewollt ist, damit zu rechtfertigen ist, einschließlich von Angriffskriegen (Art. 43 EUV).
Die Europäische Forschungspolitik, die in Artikel 179 AEUV in ihren Grundsätzen festgelegt ist, reduziert Wissenschaft auf eine Hilfsgröße der industriellen Entwicklung und der Steigerung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit.
Der Grundsatz der Subsidiarität und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sollen die Ausübung der Zuständigkeiten der Europäischen Union bestimmen. Insbesondere in den Bereichen, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen, soll das Subsidiaritätsprinzip einerseits die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten schützen und andererseits das Tätigwerden der Union legitimieren, wenn die Ziele einer Maßnahme „wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen“ von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können. Tatsächlich schert sich die EU-Gesetzgebung weder um Subsidiarität noch um die Verhältnismäßigkeit. Sie wird insoweit durch die Rechtsprechung des EuGH voll unterstützt.
Wie erwähnt, haben die Regierungen der EU-Staaten in den Lissabonverträgen nicht nur die Voraussetzungen für eine neoliberale Wirtschaftspolitik im Interesse der globalen europäischen und weltweiten Konzerne und Finanzinstitute geschaffen, sie haben zugleich dafür gesorgt, dass die Durchführung dieser Verträge undemokratischen EU-Institutionen übertragen wurde. Sie haben hierbei bewusst auf den Einfluss und die Kontrolle durch die EUStaaten verzichtet, sie haben bewusst ausgeschaltet, dass die Bürger der EU-Staaten Einfluss auf die EU-Politik nehmen können.
Die sicherlich mächtigste Säule in der EU-Hierarchie ist die Europäische Kommission. Es lohnt sich, sich zu überlegen, wie diese Kommission zustande kommt: Die Regierungen der EU-Staaten bestimmen 27 Kommissare, die jeweils ohne besonders gefragte Fachkompetenz für ein Ressort zuständig sind. Durch eine EU-Organisation (Amt für Personalauswahl der Europäischen Gemeinschaft) werden Mitarbeiter der EU-Kommission nach anspruchsvollen Kriterien ausgewählt (derzeit weit über 35.000 Bedienstete). Im Concours wird die Zuverlässigkeit der Kandidaten in Bezug auf die Ziele der Lissabonverträge penibel überprüft.
Dieser Kommission, die verfassungsrechtlich nicht dem Prinzip des Rechtsstaats und der Demokratie unterliegt, ist die Hoheit über die EU-Staaten übertragen, sie bestimmt auch, welche Gesetze erlassen werden.
Tatsächlich ist die EU-Kommission das ausführende Organ der global agierenden Großkonzerne, die in Brüssel vorschreiben, was beschlossen wird. Balany, Doherty, Hademann u.a. beschreiben in ihrem Buch „Konzern Europa- die unkontrollierte Macht der Unternehmen“ den unglaublichen Einfluss transnationaler Konzerne und Finanzinstitute auf die EU- Politik.
Da gibt es zunächst den "European Roundtable of Industrialists" (ERT), in dem die 45 größten europäischen Multis vereint sind. Sie sind die wichtigste Kraft bei der Umformung der europäischen Gesellschaft im Interesse der Industrie. Der ERT schreibt der Kommission vor, was sie zu tun hat.
Wirtschaftskonzerne der Industrie formulieren den Wortlaut der Gesetzes- oder Verordungstexte für die EU-Kommission, die diese dann 1:1 übernimmt. Sie diktieren etwa seit 1980, was in der EU zu geschehen hat. Für die Feinarbeit gibt es das European Center for Infrastructure Studies (ECIS) und die Association for the monetary Union of Europe (ANOE).
Während der ERT für die strategische Ausrichtung der EU-Entwicklung zuständig ist, sorgt die Union for Industrial and Employers Confederation of Europe (UNICE) für die Details der Gesetzgebung. UNICE kann über Nacht bis 1000 hochkarätige Experten aus allen benötigten Fachgebieten mobilisieren.(Quelle: 3tes Jahrtausend.org)
Die Regierungen der EU-Staaten haben in den Lissabonverträgen eine für alle EU-Staaten verbindliche Vereinbarung geschaffen, die tatsächlich alle Möglichkeiten für eine neoliberale Wirtschaftspolitik im Sinne des Großkapitals und der transnationalen Konzerne schafft.
Zugleich haben die Regierungen der EU-Staaten EU-Institutionen geschaffen, so die EUKommission und die europäischen Gerichte. Diese Institutionen sind autonom und weder den EU-Staaten noch deren Bürgern irgendwie verantwortlich.
Dies ist aus juristischer, aus völkerrechtlicher, Sicht die Situation
Die Frage ist: Gibt es Möglichkeiten, gegen die Lissabonverträge anzugehen? Grundsätzlich nein.
Die einzige Möglichkeit wäre. dass alle 27 EU-Staaten einstimmig die Verträge ändern.
Hierzu ist zu bemerken: Es ist nicht die Schuld der EU, dass sie verlängerter Arm für die Interessen der Konzerne ist. Die EU mit ihren Kompetenzen wurde von den Regierungen der EU-Staaten in den Lissabonverträgen beschlossen, die EU mit ihren demokratischen Mängeln war von den Regierungen, so auch von der deutschen Bundesregierung und vom deutschen Parlament, so gewollt. Die Vertragsschließenden haben gewollt der EU nahezu alle für einen Staat notwendigen Souveränitätsrechte übertragen. Die Vertragsschließenden haben gewollt eine Kontrolle der EU durch die EU-Staaten ausgeschlossen.
Allein das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass die weitere Übertragung von deutschen Souveränitätsrechten auf die EU nur noch ganz beschränkt möglich ist und dass hierfür auch die Zustimmung des Bundestags erforderlich ist. Wie wenig sich die Bundesregierung um die nach demokratischen Regeln erforderliche Mitwirkung schert, zeigt sich im Zusammenhang mit dem Fiskalpakt. Wie wenig sich der Bundestag um seine Mitwirkungspflichten schert, zeigt sich daran, dass er mehrere Male mit scharfen Worten vom Bundesverfassungsgericht auf seine Pflichten hingewiesen werden musste.
Eine der wesentlichen Bestimmungen in den Lissabonverträgen (wie im Grundgesetz) ist das Subsidiaritätsprinzip.
Der Grundsatz der Subsidiarität und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmen die Ausübung der Zuständigkeiten der Europäischen Union. Insbesondere in den Bereichen, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen, soll das Subsidiaritätsprinzip einerseits die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten schützen und andererseits das Tätigwerden der Union legitimieren, wenn die Ziele einer Maßnahme „wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen“ von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können. Tatsächlich ist die Praxis der EU, dass sie alle Kompetenzen an sich reißt. Sie findet immer Argumente, um zu behaupten, dass eine Maßnahme wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen nur zentralistisch von der EU gelöst werden kann. In dieser Auffassung wird die EU vom EuGH bestärkt, der nach eigenem Bekunden seine Aufgabe darin sieht, die Zuständigkeiten der EU auszuweiten. Hier geben die Lissabonverträge tatsächlich den nationalen Parlamenten die Chance, mit der Subsidiaritätsrüge wirksam einzugreifen.
Das Europaparlament kann- wenn auch nur beschränkt- in die EU- Gesetzgebung eingreifen.
In einem Teil der von der EU-Kommission eingeleiteten Gesetzgebungsverfahren kann das EU-Parlament Gesetze (Verordnungen) verhindern. Die Einzelheiten hierzu sind kompliziert, sie sollen hier nicht weiter erörtert werden. Es geht nur um die Tatsache, dass das einzig demokratische Organ, das EU-Parlament partiell Möglichkeiten hat, in die EU- (Sekundär)- Gesetzgebung einzugreifen. So kann es darauf hinwirken, dass Gesetze verhindert werden, die das Subsidiaritätsgebot missachten, die das Sozialstaatsprinzip zu Gunsten eines marktradikalen Wachstumskurses vernachlässigen, die staatliche Aufgaben, insbesondere Aufgaben der Daseinsvorsorge privatisieren.
2. Allgemeine Informationen
2.1 Familienförderung als kommunale Pflichtaufgabe
Durch nichts zu ersetzen
Die Förderung von Familien ist eine kommunale Pflichtaufgabe und mitnichten nur die Erfüllung staatlicher Fürsorgeaufgaben. Um Familiengerechtigkeit zu verwirklichen, muss die hergebrachte Sozialpolitik umsteuern und sich strategisch ausrichten.
Die Leistungen, die Familien für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erbringen, sind unverzichtbar.
Familien tragen in den Kommunen dafür Sorge, dass das „Humanvermögen“ gesichert wird. Die Familie ist die erste und wichtigste Sozialisations- und Erziehungsstation für den Nachwuchs. Sie schafft erst die Voraussetzungen für das Wohlergehen der Kinder. Familien vermitteln für das gesellschaftliche Zusammenleben wichtige Werte und schaffen bei den Kindern die Voraussetzungen zur Bereitschaft für gesellschaftliche Solidarität und soziales Engagement.
Wenn in einigen Städten im Ruhrgebiet ein Drittel der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahre im SGB-II-Bezug aufwachsen und ein weiteres Drittel knapp an der Armutsgrenze, dann leben zwei Drittel aller Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren in prekären Lebensverhältnissen.
Was dies für die Lebenskompetenz der Heranwachsenden, aber auch ihre Ausbildungsbereitschaft und -fähigkeit bedeutet, liegt auf der Hand. Damit ist auch klar, wo die Herausforderungen kommunaler Familienpolitik liegen.
Steigerung der Kaufkraft
Ein weiterer Aspekt familiärer Leistungen: Familien bringen Geld in die Kommunen und helfen, Geld zu sparen. Sie tragen zu höheren Einnahmen und geringeren Ausgaben der Kommune bei, indem sie die Kaufkraft steigern und ein erhebliches Investitionsvolumen mitbringen (z. B. Eigenheime, Bildungsinvestitionen). Zudem steigen mit zunehmender Einwohnerzahl die Schlüsselzuweisungen von Land und Bund an die Kommune.
Zum anderen stärkt familiärer Zusammenhalt die Sorge für die älteren Angehörigen und das freiwillige Engagement. Er trägt so zur Senkung der kommunalen Ausgaben bei. Intakte Familien benötigen deutlich weniger Unterstützungsleistungen in Krisensituationen und belasten den Sozialhaushalt weniger.
Und nicht zuletzt stellen Familien das Arbeitskräftepotenzial. Mütter (und Väter), die sich einen schnellen Wiedereinstieg in ihren Beruf – und zwar in mehr als Teilzeit – wünschen, sind kurzfristig aktivierbare Fachkräfte. Würde hier mehr in die Betreuung investiert, hätte dies unmittelbar spürbar eine Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit zur Folge.
Wenn die Gesellschaft echte Wertschätzung und Unterstützung für Familien ernsthaft will, bedeutet das, nicht nur nett zu ihren Familien zu sein. Dann braucht es Gerechtigkeit für Familien.
Familien, Kinder und Jugendliche haben Rechte. Sie brauchen Hilfestellungen, um ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Das bedeutet, Familien so zu unterstützen, dass sie die gestiegenen Anforderungen der heutigen Zeit stemmen können.
Harter Standortfaktor
Familien sind durch kein Jugendamt, keinen Staat zu ersetzen. Die Herstellung vor Familiengerechtigkeit ist in besonderem Maße eine Herausforderung der Kommunen, denn ob Familienleben gelingt oder nicht, entscheidet sich unter den konkreten Lebensbedingungen vor Ort.
Auch umgekehrt gilt der Zusammenhang: Die Konsequenzen überforderter Familien und misslungener Lebensläufe fallen den Städten und Gemeinden unmittelbar vor die Füße. Insofern ist es im ureigenen Interesse der Kommunen, „Familie“ als harten Standortfaktor und Pflichtaufgabe wahrzunehmen.
Der Blickwinkel der Politik muss weg von der „Fürsorge“. Kommunale Leistungen für Familien werden schnell als freiwillig – und damit beliebig – eingestuft und gegenüber Haushaltskürzungen angreifbar bis wehrlos gemacht. Der hergebrachte Gedanke, kommunale Familienpolitik sei Sozialpolitik und wäre im Jugendamt der Stadt richtig verortet, ist obsolet. Familienpolitik ist zuerst ein Querschnittsthema, das ressortübergreifend bearbeitet werden muss.
Familiengerechtigkeit dient der gesamten Stadtentwicklung und ist zentrales Element der Standortförderung.
Familiengerechtigkeit in der lokalen Politik bedeutet:
– Familien mit ihren vielfältigen Bedürfnissen im Fokus der politischen Aufmerksamkeit halten!
– Mit Familien und Akteuren außerhalb des Rathauses partnerschaftlich kooperieren: Mit ihnen, und nicht nur für sie handeln!
– Örtlich passgenaue bedarfsgerechte und zielgenaue Angebote auf den Weg bringen!
– Familienpolitik nicht als kurzfristiges Profilierungsthema ausschlachten, sondern politisch verbindlich entwickeln und als strategisches Stadtentwicklungsthema professionell umsetzen!
Entscheidend für den Erfolg ist die Qualität von Steuerung und Vernetzung vor Ort. Die Kommunen sind als Alleinveranstalter der örtlichen Familienpolitik überfordert, aber sie können Initiatoren und Moderatoren sein. Ihre Aufgabe ist es, die anderen Beteiligten wie Unternehmen, Verbände, Kirchen und Vereine in die Gestaltung von Familiengerechtigkeit vor Ort einzubinden.
Das Audit Familiengerechte Kommune rückt diese Herausforderungen in den Fokus und weist Wege, wie sie im partnerschaftlichen Zusammenwirken aller, die in den Kommunen die Lebenssituation von Familien beeinflussen, bewältigt werden können. Sachgerechte Konzepte, die auf der Grundlage einer präzisen Bestimmung der Ausgangslage und der Identifikation von Handlungsbedarfen mit Beteiligung aller wichtigen Akteure (und nicht zuletzt der Familien selbst!) erstellt werden, bringen Bewegung in die Kommune. Das Audit trägt dazu bei, solche Bewegung in Gang zu bringen und zu halten.
Andreas Osner
Der Autor
Dr. Andreas Osner ist Geschäftsführer des Vereins Familiengerechte Kommune mit Sitz in
Bochum
Dr. Andreas Osner
Info: Das Audit familiengerechte Kommune ist ein strategisches Planungsinstrument für die politische Entscheidungsebene. Es ist als ein demokratischer Prozess im Zusammenspiel von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft angelegt. Die Auditierung benötigt etwa ein Jahr. In diesem Zeitraum wird eine Bestandsaufnahme der familienpolitischen Leistungen vorgenommen, eine Strategie für die verschiedenen Handlungsfelder erarbeitet und ein Beschluss über die Ziele und Maßnahmen für die nächsten drei Jahre herbeigeführt. Die Auditierung endet im Erfolgsfall mit der Zertifizierung als „Familiengerechte Kommune“.
(Aus: Der Gemeinderat Juni 2012)
2.2 PPP als Mittel der kommunalen Investition
Bei der Beschaffung die richtigen Anreize setzen
Der Bundesrechnungshof und die Landesrechnungshöfe erkennen ÖPP als wertneutrale Beschaffungsvariante an. Die gerügten Defizite betreffen überwiegend die praktische Umsetzung, stellt der Bundesverband PPP in diesem Beitrag klar.
Der Bundesrechnungshof und die Landesrechnungshöfe haben im September 2011 einen gemeinsamen Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten veröffentlicht. In diesem Bericht bringen die Rechnungshöfe ihre Auffassung zum Ausdruck, dass Öffentlich- Private Partnerschaften eine „wertneutrale Beschaffungsvariante zu konventionellen Bau- und Finanzierungsmodellen“ darstellen. Der Bundesverband PPP – Netzwerk für Infrastrukturmanagement (BPPP) begrüßt diese Feststellung ausdrücklich. Sie stellt einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion über Sinn und Unsinn kooperativer Beschaffungsvarianten bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben dar.
Soweit ausgesprochene Gegner von ÖPP diesen Bericht für sich in Anspruch nehmen, verkennen sie, dass die Rechnungshöfe sich ausdrücklich nicht gegen die Umsetzung von ÖPP stellen, sondern allgemeine und konkrete Anforderungen an deren Umsetzung formulieren, die zudem in vielen Teilen auch vom BPPP unterstützt werden. Der Verband hat sich immer dafür eingesetzt, die Eignung von Projekten für ÖPP qualifiziert und unabhängig von dogmatischen Vorbehalten zu prüfen.
Die Arbeitskreise Immobilien und Infrastruktur des Netzwerks haben sich Mitte Februar dieses Jahres mit dem Bericht auseinandergesetzt. Dabei wurde deutlich, dass ÖPP als Variante der Beschaffung öffentlicher Infrastruktur konzeptionell mittlerweile sehr starke Strukturen ausgeprägt hat, die in zahlreichen praxiserprobten Leitfäden ihren Niederschlag gefunden haben. Die vom Rechnungshof gerügten Defizite betreffen zum weit überwiegenden Teil die praktische Umsetzung der Beschaffung.
In Zukunft muss es darum gehen, die richtigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung zu schaffen, wozu insbesondere die Stärkung des Know-how bei allen Beteiligten vor Ort gehört. Die Diskussion bestätigte die Einordnung von ÖPP als wertneutrale Beschaffungsvariante, die immer dann gewählt werden sollte, wenn sie wirtschaftliche Vorteile bietet.
In der öffentlichen Diskussion wird dabei aber allzu oft vernachlässigt, dass die Zusammenarbeit mit dem privaten Partner auch andere Vorteile wie zum Beispiel qualitative Verbesserungen oder schnellere Verfügbarkeit der Einrichtung mit sich bringen, die in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden sollten.
Strukturelle Mängel
Eine Reihe von Anmerkungen und Kritikpunkten der Rechnungshöfe trägt nicht der Entwicklung in der Praxis Rechnung. Einzelne, durchaus berechtigte Kritikpunkte sind dem Pilotcharakter zahlreicher Projekte in der Frühphase von Öffentlich-Privaten Partnerschaften in Deutschland geschuldet oder betreffen im Kern generelle Strukturdefizite der Beschaffung durch die öffentliche Hand, die daher nicht der Beschaffungsvariante ÖPP angelastet werden können.
Der Bundesverband PPP unterstützt die generelle Forderung der Rechnungshöfe nach Transparenz der finanziellen Belastung durch Infrastrukturprojekte. Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Vertragsvereinbarungen bei ÖPP-Projekten machen die Projektkosten transparent, und zwar sowohl die Investitions- als auch die Betriebs- und Unterhaltungskosten einschließlich der damit verbundenen Risiken über den Lebenszyklus des Bauwerks.
Die Forderung nach Ausweisung der Verpflichtungen aus ÖPP-Verträgen in den Haushalten ist richtig. ÖPP dürfen nicht dem Zweck dienen, den Verschuldungsgrad öffentlichrechtlicher Körperschaften zu verschleiern.
Die Forderungen nach Transparenz dürfen aber nicht den Blick verstellen auf den Umstand, dass die tatsächlichen Projektkosten über den Lebenszyklus im Rahmen der kameralistischen Haushaltsführung unzureichend abgebildet werden und eine wertneutrale Prüfung des Beschaffungsalternativen nur möglich ist, wenn diese konsequent in die Betrachtung einbezogen werden. Denn auch konventionell beschaffte Bauwerke binden zukünftig Haushaltsmittel für deren Unterhaltung und Betrieb oder führen zu einem Wertabfluss durch Substanzverlust.
ÖPP-Projekte dürfen nicht diskriminiert werden. Im Interesse einer wertneutralen Optimierung der Beschaffung durch die öffentliche Hand sollten Erfahrungswerte nicht für ÖPPProjekte isoliert betrachtet werden, sondern vergleichbaren Bauprojekten, die in konventioneller Weise beschafft wurden, gegenübergestellt werden. Wie bei ÖPP-Projekten wäre im Rahmen eines wertneutralen Ansatzes zu erwarten, dass positive und negative Erfahrungen unabhängig von der Beschaffungsvariante im Hinblick auf den Lebenszyklus der Bauwerke gegenübergestellt werden.
Ein qualifizierter Wirtschaftlichkeitsvergleich ist bei jedem Projekt, also sowohl bei Öffentlich- Private Partnerschaften als auch bei konventioneller Realisierung, ab einer bestimmten Größenordnung geboten, um Lebenszykluskosten und Risiken offenzulegen und die optimale Beschaffungsvariante zu bestimmen. Der Bundesverband PPP hat dies von jeher gefordert und qualifizierte Empfehlungen zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und vor allem von deren Informationsgrundlagen vorgelegt (s. "Tipps für bessere Planung von ÖPP-Projekten" unten).
Wenn im Rahmen des Berichts Mängel bei der Durchführung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung angemerkt werden, können diese nicht verallgemeinert werden. Eine Reihe der von den Rechnungshöfen erhobenen Forderungen sind bereits in den von Bund und Ländern entwickelten Leitfäden umgesetzt und haben sich zum Marktstandard entwickelt. Zu Recht fordern diese Leitfäden die Vergleichbarkeit der Beschaffungsalternativen (vgl. den Leitfaden der Finanzministerkonferenz, „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, 2006, S. 23, 36 f.). Hierfür sollen dem Vergleich gleiche Rahmenbedingungen und Qualitätsniveaus zugrunde gelegt werden.
Dies darf allerdings nicht dergestalt interpretiert werden, dass in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung Kosteneinsparungen, die durch intelligente Leistungsgestaltung in den ÖPPAngeboten oder durch Verhandlungserfolge erzielt werden, der Kalkulation der konventionelle Beschaffung zugrunde gelegt werden. Wie die Leitfäden zu Recht vorgeben, muss die objektive Beschaffungsrealität des jeweiligen Projektträgers berücksichtigt werden. Jede andere Sichtweise führt zu einer hypothetischen Betrachtung, die nicht die Wirklichkeit bei tatsächlicher konventioneller Realisierung widerspiegelt und Wirtschaftlichkeitsvorteile verschenkt.
Projektbezogene Bewertung
Auch die kritischen Anmerkungen der Rechungshöfe zur Vertragsgestaltung und Finanzierung können nur äußerst eingeschränkt verallgemeinert werden. Dies gilt beispielsweise für die Aussage, ein öffentlicher Auftraggeber sei verpflichtet, die Kosten für nach einem Einredeverzicht forfaitierte Betriebsleistungen zu übernehmen. Der Einredeverzicht im Zusammenhang mit Forfaitierungsmodellen erstreckt sich heute grundsätzlich nur auf die Finanzierungskosten (Zins und Tilgung). Er erstreckt sich nicht auf das Betreiberentgelt für die laufende Unterhaltung, das auch nach Erklärung des Einredeverzichts zurückbehalten oder gekürzt werden kann. Die Rückverlagerung von Risiken erfolgt dabei auch erst nach Fertigstellungm und Abnahme des Baus, was keine Schlechterstellung gegenüber konventioneller Bauweise darstellt. Im Gegenteil erfolgt bei konventionellen Projekten in der Regel eine Auszahlung mnach Baufortschritt, bei der die Risiken der öffentlichen Auftraggeber größer sind.
Zu Recht stellen die Rechnungshöfe positiv heraus, dass ein Wesenselement von Öffentlich- Privaten Partnerschaften die Risikoverlagerung auf den privaten Partner ist, die eine Reihe von Vorteilen mit sich bringt. Gleichzeitig wird der in den Projekten ausgewiesene Risikotransfer angezweifelt. Die Beanstandungen des Wirtschaftlichkeitsvergleichs zu konkreten Projekten müssten projektbezogen unter Einbeziehung der Projektbeteiligten diskutiert werden.
Eine Ausblendung der Risikokosten würde jedoch das Bild grob verfälschen, da gerade die von der öffentlichen Hand bei konventioneller Realisierung getragenen Risiken ein wesentlicher Kostentreiber sind. Ein wesentliches Kernprinzip von ÖPP zur Steigerung der Effizienz bei der Beschaffung von Infrastruktur ist gerade der umfangreiche Risikotransfer.
Belastbare Datenbasis zugrunde legen
Wie zahlreiche Negativbeispiele aus der konventionellen Beschaffungspraxis zeigen, ist ein effizientes Risikomanagement bei Infrastrukturprojekten von ganz erheblicher Bedeutung für die Optimierung der Beschaffung. Dies belegen auch die Prüfungsergebnisse der Rechnungshöfe.
Die Forderung der Rechnungshöfe nach einer belastbaren Datenbasis für die Risikobewertung unterstützt der Bundesverband PPP vorbehaltlos und würde es begrüßen, wenn die vorhandenen Informationen aus deren Prüfungspraxis entsprechend aufbereitet würden. Auch der Variantenvergleich im Rahmen von A-B-C-Ausschreibungen, die in dem Bericht positiv erwähnt werden, kann bei seriöser Handhabung nicht ohne Einbeziehung der Risikokosten auskommen.
Widersprüchlich ist die Kritik der Rechnungshöfe, soweit einerseits argumentiert wird, dass die auf die privaten Partner übertragenen Risiken zu hoch bewertet seien, andererseits aber nachdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Informationslage zu konventionellen Realisierungen zu dünn sei, als dass belastbare Aussagen zum Wirtschaftlichkeitsvorteil zu treffen wären. Fraglich ist deshalb, wie angesichts fehlender Informationen die Rechnungshöfe folgern können, dass der Risikotransfer zu hoch sei. Jede Pauschalkritik, dass der Wirtschaftlichkeitsvorteil auf zu hohen Ansätzen für den Risikotransfer beruhe, ist deshalb fehlgeleitet.
Die Projektrealität zeigt vielmehr den überragenden Einfluss, den ein effizienter und nachhaltiger Risikotransfer auf den Projekterfolg haben kann.
Konkrete Wirtschaftlichkeitsvergleiche sind sinnvoll, erreichen aber vielfach ihre Grenzen, da Vergleichsparameter fehlen und daher für beide Vergleichsvarianten Annahmen getroffen werden müssen. ÖPP ist ein alternatives Beschaffungsverfahren, das nicht nur den Bau (Investition), sondern auch Betrieb und Unterhaltung, die bei einem Bauwerk den größeren Teil der Lebenszykluskosten ausmachen sowie die zugehörigen Risiken mit in den Wettbewerb stellt. Das Ziel muss sein, aus dem Bericht der Rechnungshöfe die richtigen Lehren zu ziehen und bei der Beschaffung im Interesse einer besseren Versorgung mit öffentlicher Infrastruktur die richtigen Anreize zu setzen. Die bisherige Beschaffungsrealität leistet dies nicht.
Tipps für bessere Planung von ÖPP-Projekten
Der Bundesverband PPP – Netzwerk für Infrastrukturmanagement (BPPP) mit Sitz in Hamburg will frei von dogmatischen Vorbehalten daran mitwirken, die Strukturen im Interesse eines transparenten und auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Beschaffungswettbewerbs zu verbessern. Sein Ziel ist es, alternative Beschaffungswege gegenüber konventionellen Ausschreibungen – die nach allseitiger Erfahrung zu großen Bauzeitverzögerungen, exorbitanten Baukostenerhöhungen und der Ausklammerung der Betriebsphase vom Wettbewerb führt – in der Beschaffungsrealität zu etablieren.
Der Verband unterstützt die Forderung der Rechnungshöfe, bei jedem Projekt ab einer bestimmten Größenordnung einen qualifizierten Wirtschaftlichkeitsvergleich durchzuführen. So können Lebenszykluskosten und Risiken offengelegt und die optimale Beschaffungsvariante bestimmt werden. Hierzu hat der Bundesverband PPP Empfehlungen zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und vor allem von deren Informationsgrundlagen vorgelegt.
– Optimierung von Wirtschaftlichkeitsleistungen in immobilienwirtschaftlichen PPPs.
Ein Thesenpapier, Arbeitskreis PPP im Management öffentlicher Immobilien im BPPP e.V., 2007, in: Andreas Pfnür (Hrsg.), Arbeitspapiere zur immobilienwirtschaftlichen Forschung und Praxis (Band Nr. 9), Technische Universität Darmstadt, ISSN 1862-2291
Die Autoren
Dr. Christian Scherer-Leydecker, Köln, ist Partner und Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle,
Prof. Dr. Andreas Pfnür ist Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehrer an der Technischen Universität Darmstadt,
Michael Korn, Weimar, ist Prokurist bei Alfen-Consult,
Monica A. Schulte Strathaus, Düsseldorf und Köln, ist Partnerin der Ernst & Young Real Estate,
Anna Schümann, Düsseldorf, ist Managerin der Ernst & Young Real Estate
(Aus: Der Gemeinderat Spezial April 2012)
Zum Thema PPP gibt es ein Der Gemeinderat Spezial, aus dem auch der zitierte Text stammt und das eine Fülle von Beiträgen zum Thema bietet. Das Heft ist auch online einzusehen unter ___________________________________________________________________
2.3 Schulentwicklungsplanung der Kommunen
Experten an einem Tisch
Die Bildungspolitik muss die demografischen Veränderungen ins Auge fassen und die Schulinfrastruktur daran orientieren. In Bayern haben mehrere Landkreise von einem Planungsbüro Entwicklungskonzepte für ihre Schulen ausarbeiten lassen.
Der Sanierungsstau bei Schulen ist vielerorts groß. Schulträger stehen vor millionenschweren Investitionsentscheidungen. Als Folge der demografischen Entwicklung sowie neuer Trends im Bildungswesen werden sich auch die Anforderungen an die Schulinfrastruktur ändern. Um zu ermitteln, welche Investitionen langfristig sinnvoll sind, hat eine Arbeitsgemeinschaft der Fachhochschule für angewandtes Management in Erding (Bayern), dem Projektplanungsbüro Kplan sowie der MP-Unternehmensberatung Schulbedarfsplanungen für verschiedene bayerische Landkreise erarbeitet.
In den Landkreisen Miesbach und Bad Tölz beispielsweise konnten bereits während der Bearbeitung der Studien wichtige schulpolitische Entscheidungen auf den Weg gebracht werden.
Auf Basis einer Analyse des Ist-Zustandes wurden Schüler- und Auslastungsprognosen bis 2020 anhand einer Trendrechnung unter Berücksichtigung der demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung erstellt. Durch verschiedene Szenarien wurde das Spektrum möglicher Entwicklungen für die weiterführenden Schulen in beiden Landkreisen abgesteckt. Ausgehend von einem Basisszenario, das beschreibt, wie viele Schüler sich je Schulart bei Fortsetzung der Trends bis 2020 ergeben und welche Maßnahmen zur Bedarfdeckung notwendig sind, wurden weiterführende Szenarien entwickelt, aus denen konkrete Handlungsempfehlungen zur Entwicklung der gesamten Schullandschaft der Landkreise abgeleitet wurden.
Keine Entlastung bei den Realschulen
Bestrebungen des Landkreises München zum Neubau eines Gymnasiums haben nicht nur die Diskussionen zur Errichtung eines eigenen Gymnasiums am Standort Holzkirchen im Landkreis Miesbach aufkommen lassen, sondern lösten auch Bedenken hinsichtlich der Zukunftsperspektiven des Gymnasiums Tegernsee aus. Eine Überlastung der Realschulen machte es zudem notwendig, auf mobile Klassenzimmer zurückzugreifen.
Eine entsprechende Analyse der Arbeitsgemeinschaft hat bestätigt, dass bei den Realschulen auch in Zukunft nicht von einer Entlastung auszugehen ist. Die Auswertung der Gymnasien zeigte, dass eine komplette Schule fehlt, um den künftigen Bedarf zu decken. Diese Erkenntnisse sind unter Berücksichtigung der Schulentwicklungspläne der angrenzenden Landkreise in weiterführende Szenarien eingeflossen.
Das Szenario „Einführung eines Kooperationsmodells“ zeigt, dass durch den Aufbau einer zweizügigen Schule im Tegernseer Tal die Überhänge im Realschulbereich langfristig beseitigt werden können und ab 2016 ein weitgehender Verzicht auf mobile Klassenzimmer möglich ist. Die Entscheidung zur Realisierung des Kooperationsmodells wurde bereits während der Untersuchung eingeleitet.
Verbundlösungen untersucht
An den Gymnasien deuteten die vorhandenen Engpässe bereits auf akuten Handlungsbedarf hin. Deshalb wurden in einem weiteren Szenario die Auswirkungen eines Neubaus in Holzkirchen auf die bestehenden Gymnasien im Landkreis Miesbach aufgezeigt. Dabei konnte Entwarnung für das Gymnasium in Tegernsee gegeben werden. Trendrechungen haben gezeigt, dass der Bau eines neuen Gymnasiums dieses nicht gefährden würde. Auch die Entscheidung für den Bau des Gymnasiums in Holzkirchen wurde daraufhin zeitnah nach Abschluss der Untersuchung getroffen.
Im Landkreis Bad Tölz lag während der Bearbeitung auch ein besonderer Fokus auf den Grund- und Hauptschulen. Hier wurde analysiert, wie sich der Trend zur Höherqualifizierung auswirken wird. Um künftig den Mittelschulanforderungen gerecht zu werden, wird im Landkreis die Bildung von Verbünden notwendig, nicht zuletzt auch um Standorte zu halten. Vor diesem Hintergrund wurden in einem gesonderten Szenario mögliche Verbundlösungen untersucht und mit den Entscheidungsträgern im Rahmen von Workshops abgestimmt.
Bei der Untersuchung der Gymnasien konnte besonders von der parallelen Bearbeitung der Studie für die Landkreise Miesbach und Bad Tölz profitiert werden und wechselseitige Auswirkungen, wie etwa durch ein neues Gymnasiums in Holzkirchen, berücksichtigt werden.
Im Ergebnis empfiehlt die Arbeitsgemeinschaft unter anderem für das Gymnasium Geretsried Erweiterungsmaßnahmen und Kooperationen mit einer Hauptschule, um den Raumbedarf zu decken.
Cordula Offak / Andrea Kreil
Die Autorinnen
Cordula Offak und Andrea Kreil sind Schulentwicklungsberaterinnen beim Planungsunternehmen
Kplan mit Sitz in Abensberg
(Aus: Der Gemeinderat 3-2012)
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2.4 Bildungsförderung in Kommunen
Bildungsförderung
Partner vor Ort einbeziehen
Dr. Heike Kahl, Geschäftsführerin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, über die Bildungsförderung, die Initiative Bündnisse für Chancengerechtigkeit und ihr Angebot an die Kommunen.
der gemeinderat:
Frau Dr. Kahl, die Bildungsförderung ist eine zentrale politische Aufgabe. Jede Stadt und Gemeinde, jede Partei will auf diesem Gebiet das Beste erreichen. Wie definiert die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung ihre Rolle im Bildungssektor?
Kahl: Seit 15 Jahren erarbeitet die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung innovative Lösungen für drängende Probleme im Bildungsbereich. Wir vermitteln keine „fertigen Modelle“ an die Praxis, sondern setzen darauf, wirksame Handlungsansätze im Dialog mit allen Beteiligten prozessorientiert zu entwickeln. Wir sind auch keine Lückenbüßer für staatliche Leistungen, aber wir können durch unser Wissen Druck auf öffentliches Handeln ausüben und gemeinsam mit öffentlichen und privaten Partnern Lösungen erarbeiten. Peter Fauser hat mal gesagt: „Die gesamte deutsche Gesellschaft verhält sich wie eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.“ Jeder spricht von Verantwortung und Vernetzung, aber die findet in der Praxis oft nicht genug statt. Dieser Lücke nimmt sich die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung an.
der gemeinderat: Die Bundesregierung will Kindern und Jugendlichen aus finanziell schlecht gestellten Familien mit dem Bildungspaket bessere Lebens- und Entwicklungschancen eröffnen. In welcher Weise unterstützt die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung dieses Ziel?
Kahl: Gute Bildungs- und Teilhabechancen sind eines der drängendsten Probleme in Deutschland. Es ist wichtig, dass die Bundesregierung sich mit dem Bildungs- und Teilhabepaket dem Thema angenommen hat, das Paket ist aber nur ein Baustein unter vielen. Jetzt kommt es darauf an, die Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket klug einzusetzen. Mit der Initiative Bündnisse für Chancengerechtigkeit wollen wir einen Impuls setzen. Uns geht es nicht darum, die Verteilungsmechanismen zu vereinfachen. Die Initiative ist eine Einladung an alle, die an Bildung beteiligt sind, zu überlegen, wie man über das eng geschnürte Bildungspaket hinaus die Chancen für jedes einzelne Kind verbessern kann.
der gemeinderat: Bildungspolitik ist in Deutschland Ländersache. Würde mehr zentrale Steuerung die Bildungsförderung nicht erleichtern?
Kahl: Bildungspolitik muss die Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt stellen, unabhängig davon, auf welcher Ebene sie gesteuert wird. Dafür ist es wichtig, die Bildungspartner einzubeziehen, die vor Ort sind und den Bedarf im Bundesland oder der Kommune kennen. Im Ganztagsschulprogramm „Ideen für mehr! Ganztägig lernen“ beispielsweise kooperieren wir mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und bilden mit den Serviceagenturen „Ganztägig lernen!“ in den Ländern die Verbindung zwischen Land und Bund. Im Schulerfolgsprogramm in Sachsen-Anhalt ist das Land unser Partner, die Serviceinitiative Bündnisse für Chancengerechtigkeit richten sich an Bund, Länder und Kommunen.
der gemeinderat: Mangelnde Ausdrucksfähigkeit verhindert vielfach das Fortkommen in Schule und Ausbildung. Reichen die vorhandenen Programme zur Sprachförderung, zum Beispiel bereits in den Kindergärten, aus, um Kindern und Jugendlichen aus Einwandererfamilien die nötigen Kenntnisse zu vermitteln?
Kahl: Eine gute Sprachförderung im Kindergarten gehört zu den drängendsten Aufgaben, und zwar nicht nur für Kinder aus Familien, in denen Deutsch nicht die Muttersprache ist. Leider bleiben Förderprogramme meist wirkungslos, wenn es nicht gelingt, Sprachförderung in den Alltag einer Einrichtung zu integrieren. Deshalb brauchen wir gute Unterstützungsangebote für Erzieherinnen und Erzieher. Geeignete Anlässe, sich mit Kindern über Beobachtungen, Gedanken, Ideen oder Meinungen auszutauschen, gibt es in Kitas genug. Sie müssen nur erkannt und genutzt werden. Wir haben in der DKJS mit Ansätzen, die auf eine veränderte Alltagskultur abzielen, sehr gute Erfahrungen gemacht, nicht nur beim Thema Sprachförderung.
der gemeinderat: Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung bietet den Kommunen Beratung zu Konzepten für mehr Chancengerechtigkeit an. Welche Bestandteile umfasst diese Service initiative konkret?
Kahl: Die Kommunen sind der Kern unserer Initiative, nicht nur als Zielgruppe, sondern weil sie selbst das Praxiswissen haben und es an andere Kommunen weitergeben können. In Wiesbaden hat beispielsweise das Amt für Soziale Arbeit einen Gemeinschaftsantrag für das Mittagessen gestellt, in Weiterstadt gibt es in den Kitas Personal, das schaut, welche Kinder von Armut gefährdet sind und eine besondere Förderung brauchen. Die Kommunen wollen sich austauschen, wie sie Chancengerechtigkeit vor Ort umsetzen können. Deswegen geben wie den Kommunen die Möglichkeit, sich in Beratungssalons oder bei Hospitationen kollegial zu beraten und voneinander zu lernen. Unser Servicebüro arbeitet die Fragen und Praxisbeispiele aus den Kommunen auf. Über unser Infotelefon können sich die Kommunen dann über Konzepte und Praxisbeispiele informieren.
der gemeinderat: Das Angebot an die Kommunen besteht seit Mitte Juli. Wie sind die Reaktionen im Beratungsbüro?
Kahl: Anfangs konzentrierte sich unser Servicebüro vor allem darauf, Beispielkommunen zu gewinnen. Bei unserem ersten Beratungssalon Anfang Juli haben wir gemerkt, dass das Bedürfnis der Kommunen, sich über Herausforderungen bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets auszutauschen, sehr groß ist. Sie wollen die Mittel in bestehende Strategien integrieren, schließlich ist Chancengerechtigkeit in vielen Kommunen schon einige Zeit auf der Agenda. Leider sind nicht alle Modelle kompatibel mit der Verwaltung des Bildungs- und Teilhabepakets. In Kassel beispielsweise hatte die Kommune einen Bildungsfonds eingerichtet, der muss jetzt aufgelöst werden. Viele Kommunen haben uns rückgemeldet, dass Lernförderung eine große Herausforderung ist. Deshalb veranstalten wir Mitte Oktober einen Beratungssalon zum Thema. Im Oktober und Dezember planen wir Regionalkonferenzen, bei denen Experten aus Wissenschaft, Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam überlegen, wie kommunale Strategien für Chancengerechtigkeit aussehen können.
der gemeinderat: Die 1994 gegründete Deutsche Kinder- und Jugendstiftung hat den Fokus ihrer Arbeit am Anfang auf Ostdeutschland gelegt. Heute ist sie im Ost und Westen gleichermaßen tätig. Haben sich die Lebens- und Lernbedingungen angeglichen?
Kahl: Damals ging es darum, die Kinder- und Jugendarbeit in den ostdeutschen Bundesländern wieder aufzubauen, erfolgreiche Programme zu multiplizieren und in die Breite zu tragen.
Aber relativ rasch fragten auch die alten Bundesländer: „Brauchen wir solche Projekte nicht auch im Ruhrgebiet? Ist ein arbeitsloser Jugendlicher in Nordrhein-Westfalen weniger wert als einer in Waren an der Müritz?“ Wir sind heute bundesweit mit unseren Programmen vertreten, weil Ost- und Westdeutschland vor gemeinsamen Problemen stehen.
Interview: Jörg Benzing
Info: Mehr Informationen zur Initiative erhalten Sie unter über das Infotelefon: 0800/6647157
2.5 Volksbegehren in Bundesländern immer häufiger Instrument der direkten Bürgerbeteiligung
Der Verein „Mehr Demokratie“ weist in seinem jüngsten Volksbegehrensbericht darauf hin, dass dieses Instrument der direkten Bürgerbeteiligung immer häufiger zur Anwendung kommt. Alleine im Jahr 2011 waren es 18 neueingeleitete Verfahren, darunter in Hamburg (Rekommunalisierung) oder in Berlin (Offenlegung der Verträge der lokalen Wasserwirtschaft) Informationen zum Volksbegehrensbericht gibt es auf der Homepage des Vereins.
3. Hinweise von ÖDP-Mandatsträgern
3.1 Seminar (Hinweis von Rosemarie Bendl, ÖDP Erding)
Frauen in kommunalpolitischen Führungspositionen
Seminar für kommunalpolitisch engagierte Frauen
Seminar-Nr 12.6.055
Kategorie Kommunalpolitik
Datum 21.–23.09.2012
Zeit 19:00–14:30
Ort Arbeitnehmer-Zentrum Königswinter
Johannes-Albers-Allee 3, 53639 Königswinter
Seminarleitung Hanna Stoewe
· Telefon: 0 22 23 / 73 - 122
· Sekretariat: Andrea Kannegießer, Tel. 0 22 23 / 73 - 167
Kosten 175,00 €
Veranstalter Stiftung Christlich-Soziale Politik e.V.
Dokumente zum Download · 12_6_055_5.pdf (348 K)
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4. Umweltfragen
4.1 Abfallpädagogik
Der Entsorgungsbetrieb Mainz wird in seinem Umweltbildungzentrum ab 2013 ein begehbares Modell einer Bioabfallvergärunganlage mit Blockheizkraftwerk in einer „Erlebniswelt“ für Kinder anbieten. Damit soll vor allem Schulklassen die Möglichkeit geboten werden, Einblicke in die Verwertung von biologischem Abfall zu erhalten.
Infos zum Modell gibt es bei eb-mainz .de (>Aktionsangebote> UmweltBildungsZentrum)
Oder direkt bei Entsorgungsbetrieb Mainz, Anna Schleifer, Tel. 06131-12-3073
anna.schleifer@stadt.mainz.de
4.2 Kommunaler Klimaschutz – Möglichkeiten für Kommunen
Mit dem Förderprogramm zur novellierten Kommunalrichtlinie sollen Bemühunge der Kommunen beim Klimaschutz gefördert werden. Allerdings befürchtet der Deutsche Städte- und Gemeindebund eine Kürzung der Fördermittel.
Grund: Geringere Einnahmen aus dem Emissionshandel.
Informationsmöglichkeiten zur Thematik
Die Broschüre „Kommunaler Klimaschutz – Möglichkeiten der Kommunen gibt als als pdf
Die Stellungnahme des DStGB gibt es hier (Positionspapiere/ Energiewende nur mit Kommunen! Positionspapie Energiewende)
4.3 Filterpflicht für Baumaschinen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die IG Bauen-Agrar-Umwelt fordern eine Filterpflicht für Baumaschinen. Selbst in Umweltzonen, so die beiden Organisationen, könnten Baumaschinen weiterhin ohne jegliche Filteranlagen eingesetzt werden. Dies sei den Besitzern von Pkw nur schwer vermittelbar, für die in Umweltzonen eine strikte Plakettenpflicht gelte.
In Frankfurt und Berlin sei eine Filterpflicht für Baufahrzeuge schon gesetzlich geregelt. Eine Datenbank über Partikelfilter für Baumaschinen
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4.4 Autofahrer können ÖPNV testen
In Leipzig konnten in den vier Tagen nach Ostern Autofahrer kostenlos den ÖPNV testen. Dabei galt die Kfz-Zulassung als Fahrschein. Nach Auskunft der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) haben an den vier Tagen ca. 6.500 Fahrgäste das Angebot genutzt.
Infos zur Veranstaltung gibt es bei den LVB, Reinhard Bohse, Tel.: 0341-492-1038 oder unter pressesprecher@lvb.de
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5. Kommunale Verwaltung
5.1 Belohnung für umweltgerechtes Verhalten
Die Stadt Bad Zwischenahn belohnt ihre Mitarbeiter/-innen, wenn sie Energie und Wasser einsparen. Fünfzig Prozent der eingesparten Gelder sollen für Zwecke der Mitarbeiter/-innen verwendet werden (z.B. für gemeinsame Ausflüge oder andere Projekte). Der Personalrat hat ein Mitspracherecht bei der Verwendung der Gelder.
Informationen bei Bürgermeister Dr. Arno Schilling, Am Brink 9, 26160 Bad Zwischenahn, Tel.: 04403-604-0, gemeinde@bad-zwischenahn.de
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5.2 Umsatzsteuerbefreiung für kommunale Entsorger auf dem Prüfstand
Der Bundesfinanzhof hat in einer seiner letzten Entscheidungen möglicherweise die Weichen dafür gestellt, dass auch kommunale Entsorger zukünftig der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Diese Ansicht vertritt der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung und verweist auf ein Urteil zur Frage der Vermietung einer Turnhalle.
Das Urteil findet man unter Az.: V R 41/10
Nachfragen zur Thematik bitte Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung,
Jörg Lacher, Hohe Straße 73, 53119 Bonn, Tel.: 0228-98849-27,
lacher@bvse.de
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5.3 Geld für Energiewende auf kommunaler Ebene in Bayern
Das bayerische Landwirtschaftsministerium will die Energiewende in ländlichen Kommunen voranbringen. Deshalb sollen 100 ländliche Gemeinden bis zu 75 % der Kosten für derartige Energiekonzepte erstattet werden. Informationen zur konkreten Ausgestaltung des Förderprogramms ___________________________________________________________________
5.4 Urban Gardening
Die Idee des „Urban Gardening“ greift in Deutschland immer mehr um sich. In Berlin fand nun Mitte Juni der sechste „lange Tag der Stadtnatur“ statt.
Eine Broschüre über Berlins Gartenarbeitsschulen
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5.5 City-Maut
Bei nur einem Euro pro Fahrzeug brächte eine City-Maut der Stadt Tübingen einnahmen von 20 Millionen Euro jährlich. Diese Zahlen hat nach Auskunft der Tübinger Stadtverwaltung ein Mautsystemanbieter ausgerechnet. Das Geld könnte dafür verwendet werden, den ÖPNV zu finanzieren und Straßen zu sanieren. Voraussetzung für eine Entscheidung des Rates der Stadt sei aber ein Beschluss der Landesregierung, der den Kommunen eine solche Maut erlauben würde.
Informationen gibt es bei: Pressestelle der Stadt Tübingen, Sabine Schmincke,
Am Markt 1, 72070 Tübingen, Tel.: 07071-204-1500,
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5.5 Stadtnatur und ihre soziale Dimension
Umweltbildung und Stadtentwicklung stehen im Mittelpunkt einer Tagungsdokumentation, in der u.a. Biologen, Soziologen, Architekten und Politiker sich mit der Wertigkeit von Grünflächen und Parks für die Stadtbevölkerung befassen.
Die Dokumentation steht zum Abruf bereit.
6. Urteile bzw. rechtliche Hinweise zu kommunalpolitischen Sachverhalten
Den genauen Wortlaut der einzelnen Urteile findet man, wenn man die jeweilige Gerichtsinstanz bei google eingibt und dort dann unter dem angegebenen Az nach dem jeweiligen Urteil sucht.
6.1 Laufzeit eines Wärmeversorgungsvertrages
Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung die Laufzeitverträge über die Lieferung von Fernwärme unter die Lupe genommen und die Laufzeit über zehn Jahre mit Einschränkungen versehen. So müssen z.b. hohe Investitions – und Vorhaltekosten vorhanden sein, um diese Verträge rechtfertigen zu können.
Genauer Wortlaut des Urteils bei: Bundesgerichtshof, Az.: VIII ZR 262/09
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6.2 Benutzung unbenutzbarer Radwege
Radwege, die durch äußere Einflüsse (z.B. Löcher, aber auch Eis und Schnee) unbenutzbar sind, müssen von Radfahrern nicht benutzt werden. Die Radfahrer müssen dann auf der Fahrbahn ganz rechts fahren. Die Benutzung des Radwegs der anderen Fahrbahnseite ist hingegen nicht erlaubt.
OLG Naumburg, Az.: 1 U 74/11,
6.3 Flohmärkte und Sonntagsschutz
Floh- und Trödelmärkte dürfen grundsätzlich nicht an Sonn- und Feiertagen durchgeführt werden, sondern allenfalls an verkaufsoffenen Sonntagen.
OVG Rheinland-Pfalz, Az.: 6 A 10584/11
6.4 Zwei neue Urteile zum Thema Kinderlärm
a) Spielplatzlärm durch Ganztagsschulkinder auf Spielplatz
Auch die Benutzung eines Kinderspielplatzes durch Ganztagsschulkinder
In den Pausen stellt eine bestimmungsgemäße Nutzung des Spielplatzes dar und steht somit unter dem besonderen Toleranzgebot der Gesellschaft.
OVG Rheinland-Pfalz, Az.: 8 A 10042/12
b) Lärm durch Kindertagesstätten
Der Lärm, der durch den Betrieb einer Kita in einem Wohngebiet ausgeht, ist als typische Begleiterscheinung kindlichen Verhaltens grundsätzlich hinzunehmen. Die Bestimmungen der TA Lärm sind hier nur bei Bewertung des jeweiligen Einzelfalls hilfsweise heranzuziehen.
OVG Thüringen, Az.: 1 EO 560/10
7. Publikationen
7.1 Forum www .FuturZwei. org
Prof. Dr. Harald Welzer von der Stiftung Zukunftsfähigkeit möchte Menschen zu einer nachhaltigen Form des Umgangs mit der Umwelt bewegen. Auf seiner Internetseite verlangt er allerdings auch konkretes Handeln und Umsetzen seiner Anregungen.
Kontakt kann man herstellen über:
Futur Zwei, Stiftung Zukunftsfähigkeit, Am Klubhaus 4 b, 14482 Potsdam,
mail@futurzwei.org
7.2 Ideensammlung für nachhaltige Ansätze aus Kunst, Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft
Der Nachhaltigkeitsrat (RNE) hat in einer Broschüre 100 Projekte und Ideen vorgestellt, die mit unterschiedlichen Ansätzen versuchen, mit den Ressourcen der Umwelt verantwortlich umzugehen.
Infos bei der Geschäftsstelle der RNE in Berlin
Eike Meyer, Potsdamer Platz 10, 10785 Berlin, Tel.: 030-408190-171,
eike.meyer@nachhaltigkeitsrat.de
7.3 Mobilität im ländlichen Raum
Das Mobilitätsverhalten von Familien im ländlichen Raum wurde in einer Studie der TU Berlin untersucht. Die Ergebnisse werden nun vorgestellt, ergänzt durch umwelt- und familienfreundliche Alternativen zum Autofahren. Das Handbuch mit dem Titel „Umwelt- und familienfreundliche Mobilität im ländlichen Raum“ von Christine Ahrend und Melanie Herget gibt es kostenlos als PDF
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7.4 Wahrheit über die Wasserkraft
Vier bayerische Naturschutzverbände möchten auf die Folgen der Wasserkraftwerke auf die Fischfauna und den natürlichen Verlauf der Gewässer hinweisen und Änderungen anregen, die eine weniger destruktive Auswirkung zu folge haben.
Die Broschüre
8. Termine
8.1 ÖDP-Termine allgemein
- ÖDP-Bundesverband
10.07.12 In Würde alt werden. Aktuelle Problemlagen der Altenpflege München
21.07.12 ÖDP-Bundeshauptausschuss Würzburg
11.09.12 Wegwerfgesellschaft EU: Essen, produziert für die Biogasanlage München
15.09.12 Landesparteitag der ÖDP Rheinland-Pfalz Koblenz
09.10.12 Echte Demokratie-ist das in der Politik überhaupt gefragt? München
10.11.12 - 11.11.12 Bundesparteitag Erding
-ÖDP Bayern (siehe auch Termine ÖDP-Bundesverband – München-Termine)
28.07.12 Zum gegenseitigen Informations- und Gedankenaustausch in München
15.08.12 Familienfest der oberbayerischen ÖDP mit Besuch des Keltenmuseums in Manching bei Ingolstadt
20.10.12 Landeshauptausschuss in Nürnberg
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8.2 Andere Termine
- 31. Deutscher Naturschutztag
Schwerpunkt: Naturschutz in Zeiten der Energiewende (mit Exkursionen)
Erfurt, 17 – 21.09.2012
Kosten: Preis bitte erfragen
Bundesverbnd Beruflicher Naturschutz (BBN), Tel.: 0228-8491-3244 und 3245
mail@bbn-online.de
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- 100%-Erneuerbare-Energieen-Regionen – Erfolgsbeispiele und Praxisberichte
Kassel, 25./26.09.2012
Kosten: 180,00 bzw. 230,00 Euro
Infos bei Kongreßbüro 100 EER, c/o sxces Communication AG Veranstaltungsmanagement,
Maike Jakobi, Wigandstr. 17, 34131 Kassel, Tel.: 0561- 3149617
Verantwortlich für den Inhalt:
Walter Konrad
Kommunalpolitischer Referent beim Bundesvorstand der ÖDP
Neckarstraße 27—29
55118 Mainz
Tel.: 06131-27 55 64
Vorwort
1. Eigenbeiträge von ÖDP-Aktiven
2.Allgemeine Informationen
2.1 Familienförderung als kommunale Pflichtaufgabe
2.2 Bei der Beschaffung die richtigen Anreize setzen
2.3 Schulentwicklungsplanung der Kommunen
2.4 Bildungsförderung in Kommunen
2.5 Volksbegehren in Bundesländern immer häufiger
3. Hinweise von ÖDP-Mandatsträgern/-trägerinnen
3.1 Seminar für Frauen in kommunalpolitischen Führungs- Positionen (Hinweis von Rosemarie Bendl)
4 Umweltfragen.
4.1 Abfallpädagogik
4.2 Kommunaler Klimaschutz – Möglichkeiten für Kommunen
4.3 Filterpflicht für Baumaschinen
4.4 Autofahrer können ÖPNV testen
5. Kommunale Verwaltung
5.1 Belohnung für umweltgerechtes Verhalten
5.2 Umsatzsteuerbefreiung für kommunale Entsorger auf dem Prüfstand
5.3 Geld für kommunale Energiewende auf kommunaler Ebene in Bayern 25.4 Urban Gardening
5.5 City-Maut
6. Urteile bzw. rechtliche Hinweise zu kommunalpolitischen Sachverhalten
6.1 Laufzeit eines Wärmeversorgungsvertrages
6.2 Benutzung unbenutzbarer Radwege
6.3 Flohmärkte und Sonntagsschutz
6.4 Zwei Urteile zum Thema Kinderlärm
7. Publikationen
7.1 Forum
8.2 Ideensammlung nachhaltige Ansätze aus Kunst, Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft
8.3 Mobilität im ländlichen Raum
8.4 Wahrheit über die Wasserkraft
9. Termine
9.1 ÖDP-Bundesverband/ÖDP Bayern
9.2 andere Termine
Vorwort
Nachdem ich diesen Infodienst zusammengestellt habe, verabschiede ich mich in den Sommerurlaub. Sicherlich geht es mir dabei so wie vielen von Ihnen. Für eine Zeit aus dem „normalen“ Alltag ausscheiden und sich Zeit für die Dinge zu nehmen, die sonst aufgrund von vielen terminlichen Verpflichtungen aus der politischen Arbeit vor Ort zu kurz kommen.
Auch die politischen Akteure in Berlin haben sich in den Urlaub verabschiedet. Sie haben den Menschen, die in Deutschland leben, mit der durch das Parlament und den Bundesrat „gepeitschten“ Entscheidungen zu ESM und Fiskalpakt ein ziemliches Paket hinterlassen, das uns, wenn es denn dabei bleibt, noch einiges Kopfzerbrechen bereiten wird. Die deutlichen Ermahnungen des Bundesverfassungsgerichtes, die Regierung habe die Informationsrechte des Parlamentes verletzt, haben offensichtlich keine Wirkungen hinterlassen. Leider auch nicht bei SPD und den Grünen, die ja erst die Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Gremien abgesichert haben.
Glücklicherweise hat Bundespräsident Gauck die Unterzeichnung der entsprechenden Gesetze verweigert. Um die – erneute – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten.
Das Bundesverfassungsgericht wird – leider – durch handwerkliche Fehler der Regierung und durch am Eigennutz der regierenden Parteien orientierte Entscheidungen der Parlamente immer mehr in die Rolle gedrängt, selbst Politik machen zu müssen. Schon Roman Herzog hat dies vor Jahren zu Recht beklagt.
Notwendig ist dieses Handeln des Gerichts auch bei der von der ÖDP eingereichten Klage wegen der übermäßig aufgeblähten Finanzierung von Mitarbeitern der Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Eine Entscheidung wird hier hoffentlich etwas mehr Chancengleichheit im politischen Wettbewerb herstellen.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern des Infodienstes erholsame Ferientage und hoffe, dass der bevorstehende Wahlmarathon in Bund und den Ländern sowie den Kommunen in den Jahren 2013 und 2014 erfolgreich gestaltet werden kann.
Walter Konrad
1. Eigenbeiträge von ÖDP-Aktiven
Hermann Striedl (ehem. Mitglied des ÖDP-Bundesvorstandes; Richter a.D.; Regensburg) Arbeitskreis Demokratie, Außenpolitik, Europa Juni 2012
Fachgespräch Demokratie und Europa
Das vorgeschlagene Fachgespräch soll ein Diskussionsforum im Rahmen der Fortschreibung und der Aktualisierung des Grundsatzprogramms sein.
Die Thematik umfasst 2 unterschiedliche Komplexe, nämlich den Komplex Demokratie und den Komplex Europa (nach dem weiteren Inhalt der Einladung wohl EU). Beide sind enorm umfangreich, beide sollten sowohl bei den Vorträgen als auch in der Diskussion streng auseinander gehalten werden.
Dieser Vortrag befasst sich mit der Europäischen Union.
Vorweg eine Feststellung: Sowohl das Europapolitische Programm der ödp als auch das Europapolitische Kurzprogramm von 2009 ist von den Tatsachen überholt. Beide Programme zählen Anforderungen auf, die die ödp an eine demokratische EU stellt. Tatsächlich wurde jedoch eine EU zuletzt durch den Lissabonvertrag gestaltet, die mit den Vorstellungen der ödp nichts zu tun hat.
Es wurde ein Gebilde geschaffen, das trotz des vom Bundesverfassungsgericht eingeführten Begriffs Staatenverbund wegen der Übertragung der wesentlichen nationalen Souveränitätsrechte einschließlich der Gesetzgebungshoheiten einem zentralistischen Bundesstaat gleicht.
Besonders bedenklich ist, dass die nationalen Regierungen durch Völkerrechtsverträge diesem Staatengebilde gleichsam eine Verfassung gegeben haben, die bindend für die verbündeten Völker ist, und die- zumindest nach Auffassung der EU, einschließlich des Europäischen Gerichtshofs- über völkerrechtlichen Grundsätzen und über nationalem Recht einschließlich Verfassungsrecht (GG) steht.
Es ist in diesem Zusammenhang müßig, darauf einzugehen, auf welch undemokratische Weise der Lissabonvertrag zustande gekommen ist, er ist ein von den Regierungen der EUStaaten wirksam geschlossener völkerrechtlicher Vertrag. Es ist auch müßig, darüber zu streiten, ob er mit unserem Grundgesetz vereinbar ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dies bejaht. Der Vertrag ist für Deutschland verbindlich.
Nicht die undemokratische Entstehungsweise, sondern der Inhalt des Lissabonvertrages, der nahezu jede Mitwirkung der EU-Bürger ausschließt, ist das Faktum, mit dem wir uns befassen müssen.
Um den Lissabonvertrag zu begreifen, müssen wir bedenken, dass er von vorne herein für eine europäische Völkergemeinschaft als Wirtschaftsgemeinschaft angelegt war. Hiergegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Das Problem ist, dass er im Sinne der neoliberalen Marktwirtschaft gestaltet wurde. Dabei ist es der politischen Klasse mit raffinierten Winkelzügen gelungen, durch völkerrechtliche Verträge nicht nur die Interessen einer neoliberalen Marktwirtschaft verbindlich zu machen, es wurde durch Übertragung der Ausführung der Souveränitätsrechte auf teilweise undemokratische EU-Institutionen die Mitwirkung der Bürger ausgeschaltet.
Um es aus demokratischer Sicht klarzumachen: Regierungen schlossen ohne die Beteiligung der Bürger verbindliche Verträge. Der Lissabonvertrag schafft eine EU, die auch nach dem BVerfG nicht den demokratischen Anforderungen des Grundgesetzes entspricht. Da aber die EU noch kein Staat sei, seien an sie nicht die Anforderungen zu stellen, die an einen demokratischen Staat zu stellen sind.
Man bedenke: der EU wurden überwiegend die für einen Staat notwendigen Souveränitätsrechte übertragen, deren Ausübung einschließlich der Rechtssetzung nicht den Regeln für einen demokratischen Staat unterworfen sind.
Mit den Verträgen von Lissabon hat die „politische Klasse“ vertreten durch die Regierungen der EU-Länder ein für die neoliberale Wirtschaft passendes Vertragswerk geschaffen. Aber nicht nur, dass die Lissabonverträge eine geeignete Grundlage für eine neoliberale Wirtschaft bieten, zugleich wurden EU-Institutionen geschaffen, die den neoliberalen Kurs der EU sichern, insbesondere die EU-Kommission und den Gerichtshof der Europäischen Gemeinscha (EuGH).
Nochmals klar gestellt: Die EU-Verträge wurden von den Regierungen der EU-Staaten geschlossen.
Zugleich haben die EU-Staaten die nationalen Souveränitätsrechte auf die EU, d.h. auf deren Organe übertragen und ihre Einwirkungsmöglichkeiten und die der Menschen ihrer Staaten praktisch ausgeschlossen.
Im Folgenden einige wesentliche Bestimmungen aus den Lissabonverträgen, aus denen sich die rein neoliberale Ausrichtung ergibt, aus denen sich insbesondere die Tendenz eines marktradikalen Wachstumskurses ergibt.
„Wirtschaftswachstum" und eine „in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ sind die Ziele des Vertrags über die Europäische Union (Art.3 EUV)
Die unternehmerische Freiheit wird zum Grundrecht erhoben (Art.16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union)
Die EU gewährleistet eine ständige Ausweitung des Verbrauchs innerhalb der Union (Art.32 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ).
Der öffentliche Dienst, selbst die Daseinsvorsorge, soll privatisiert werden "Die Mitgliedstaaten werden in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine den Verträgen und insbesondere den Artikel 18 und 101 bis 109 widersprechenden Maßnahmen treffen oder beibehalten (Art. 106 AEUV).."
Umwelt und Arbeitsschutz werden dem freien Wettbewerb und dem Prinzip des freien Marktes untergeordnet und dürfen nur unter der Bedingung verfolgt werden, dass sie die neoliberale Politik nicht beeinträchtigen (Art.114 AEUV).
Die Interessen der Konzerne bestimmen die EU. So beschloss die EU auf Betreiben der European Round Table of Industrials (der Lobbyorganisation der multinationalen Konzerne auf EU-Ebene) die Lissabon-Strategie, nämlich 'die Flexibilisierung des Humankapitals' um die EU zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen (also durch eine Politik des Abbaus von ArbeitnehmerInnenrechten und Sozialleistungen).
Die Verträge sind undemokratisch. Das demokratische Staatensystem wird ersetzt durch moderne Managementprinzipien. Das Gewaltenteilungsprinzip ist aufgehoben. Die EU – Verwaltung ist wie ein moderner Konzern strukturiert. „Effizienz“ ist das Schlagwort.
Nicht eine demokratische Entscheidungsfindung sondern „ möglichst offene und bürgernahe Entscheidungen“ sollen getroffen werden.
Die Verträge beinhalten die Gefahr der Auflösung von bürgerlichen Grundrechten
Als "grundlegende Funktionen des Staates" werden "die Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der nationalen Sicherheit" bezeichnet, soziale, kulturelle, freiheitliche Aufgaben, u.a. kommen nicht vor.
Die in der Charta der Grundrechte festgelegten Freiheiten werden durch die Erläuterungen der Charta weitgehend relativiert oder sogar in ihr Gegenteil verkehrt.
Die Menschenrechte sind Anhang und Ausfluss einer marktwirtschaftlichen Verfassung, sie sind ihr damit nachgeordnet.
EU-Gerichte haben sich bisher in fast allen Fällen im Zweifelsfall gegen die Grundrechte und für das Managementdenken des effizienten Durchgriffs entschieden.
Die Lissabonverträge befürworten in völkerrechtswidriger Art weltweite Kriegseinsätze und eine Aufrüstungspolitik
So heißt es in Artikel 42 EUV "Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Die Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (im folgenden "Europäische Verteidigungsagentur") ermittelt den operativen Bedarf und fördert Maßnahmen zur Bedarfsdeckung, trägt zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors bei und führt diese Maßnahmen gegebenenfalls durch".
Die Charta der Vereinten Nationen wird für militärische Aktionen nicht als verbindlich anerkannt, sondern nur von ihren Grundsätzen her.
Der Einsatz des Militärs ist so weit gefasst ("Krisenbewältigung", "Terrorismus"), dass praktisch jede Form von militärischem Einsatz, der gewollt ist, damit zu rechtfertigen ist, einschließlich von Angriffskriegen (Art. 43 EUV).
Die Europäische Forschungspolitik, die in Artikel 179 AEUV in ihren Grundsätzen festgelegt ist, reduziert Wissenschaft auf eine Hilfsgröße der industriellen Entwicklung und der Steigerung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit.
Der Grundsatz der Subsidiarität und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sollen die Ausübung der Zuständigkeiten der Europäischen Union bestimmen. Insbesondere in den Bereichen, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen, soll das Subsidiaritätsprinzip einerseits die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten schützen und andererseits das Tätigwerden der Union legitimieren, wenn die Ziele einer Maßnahme „wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen“ von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können. Tatsächlich schert sich die EU-Gesetzgebung weder um Subsidiarität noch um die Verhältnismäßigkeit. Sie wird insoweit durch die Rechtsprechung des EuGH voll unterstützt.
Wie erwähnt, haben die Regierungen der EU-Staaten in den Lissabonverträgen nicht nur die Voraussetzungen für eine neoliberale Wirtschaftspolitik im Interesse der globalen europäischen und weltweiten Konzerne und Finanzinstitute geschaffen, sie haben zugleich dafür gesorgt, dass die Durchführung dieser Verträge undemokratischen EU-Institutionen übertragen wurde. Sie haben hierbei bewusst auf den Einfluss und die Kontrolle durch die EUStaaten verzichtet, sie haben bewusst ausgeschaltet, dass die Bürger der EU-Staaten Einfluss auf die EU-Politik nehmen können.
Die sicherlich mächtigste Säule in der EU-Hierarchie ist die Europäische Kommission. Es lohnt sich, sich zu überlegen, wie diese Kommission zustande kommt: Die Regierungen der EU-Staaten bestimmen 27 Kommissare, die jeweils ohne besonders gefragte Fachkompetenz für ein Ressort zuständig sind. Durch eine EU-Organisation (Amt für Personalauswahl der Europäischen Gemeinschaft) werden Mitarbeiter der EU-Kommission nach anspruchsvollen Kriterien ausgewählt (derzeit weit über 35.000 Bedienstete). Im Concours wird die Zuverlässigkeit der Kandidaten in Bezug auf die Ziele der Lissabonverträge penibel überprüft.
Dieser Kommission, die verfassungsrechtlich nicht dem Prinzip des Rechtsstaats und der Demokratie unterliegt, ist die Hoheit über die EU-Staaten übertragen, sie bestimmt auch, welche Gesetze erlassen werden.
Tatsächlich ist die EU-Kommission das ausführende Organ der global agierenden Großkonzerne, die in Brüssel vorschreiben, was beschlossen wird. Balany, Doherty, Hademann u.a. beschreiben in ihrem Buch „Konzern Europa- die unkontrollierte Macht der Unternehmen“ den unglaublichen Einfluss transnationaler Konzerne und Finanzinstitute auf die EU- Politik.
Da gibt es zunächst den "European Roundtable of Industrialists" (ERT), in dem die 45 größten europäischen Multis vereint sind. Sie sind die wichtigste Kraft bei der Umformung der europäischen Gesellschaft im Interesse der Industrie. Der ERT schreibt der Kommission vor, was sie zu tun hat.
Wirtschaftskonzerne der Industrie formulieren den Wortlaut der Gesetzes- oder Verordungstexte für die EU-Kommission, die diese dann 1:1 übernimmt. Sie diktieren etwa seit 1980, was in der EU zu geschehen hat. Für die Feinarbeit gibt es das European Center for Infrastructure Studies (ECIS) und die Association for the monetary Union of Europe (ANOE).
Während der ERT für die strategische Ausrichtung der EU-Entwicklung zuständig ist, sorgt die Union for Industrial and Employers Confederation of Europe (UNICE) für die Details der Gesetzgebung. UNICE kann über Nacht bis 1000 hochkarätige Experten aus allen benötigten Fachgebieten mobilisieren.(Quelle: 3tes Jahrtausend.org)
Die Regierungen der EU-Staaten haben in den Lissabonverträgen eine für alle EU-Staaten verbindliche Vereinbarung geschaffen, die tatsächlich alle Möglichkeiten für eine neoliberale Wirtschaftspolitik im Sinne des Großkapitals und der transnationalen Konzerne schafft.
Zugleich haben die Regierungen der EU-Staaten EU-Institutionen geschaffen, so die EUKommission und die europäischen Gerichte. Diese Institutionen sind autonom und weder den EU-Staaten noch deren Bürgern irgendwie verantwortlich.
Dies ist aus juristischer, aus völkerrechtlicher, Sicht die Situation
Die Frage ist: Gibt es Möglichkeiten, gegen die Lissabonverträge anzugehen? Grundsätzlich nein.
Die einzige Möglichkeit wäre. dass alle 27 EU-Staaten einstimmig die Verträge ändern.
Hierzu ist zu bemerken: Es ist nicht die Schuld der EU, dass sie verlängerter Arm für die Interessen der Konzerne ist. Die EU mit ihren Kompetenzen wurde von den Regierungen der EU-Staaten in den Lissabonverträgen beschlossen, die EU mit ihren demokratischen Mängeln war von den Regierungen, so auch von der deutschen Bundesregierung und vom deutschen Parlament, so gewollt. Die Vertragsschließenden haben gewollt der EU nahezu alle für einen Staat notwendigen Souveränitätsrechte übertragen. Die Vertragsschließenden haben gewollt eine Kontrolle der EU durch die EU-Staaten ausgeschlossen.
Allein das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass die weitere Übertragung von deutschen Souveränitätsrechten auf die EU nur noch ganz beschränkt möglich ist und dass hierfür auch die Zustimmung des Bundestags erforderlich ist. Wie wenig sich die Bundesregierung um die nach demokratischen Regeln erforderliche Mitwirkung schert, zeigt sich im Zusammenhang mit dem Fiskalpakt. Wie wenig sich der Bundestag um seine Mitwirkungspflichten schert, zeigt sich daran, dass er mehrere Male mit scharfen Worten vom Bundesverfassungsgericht auf seine Pflichten hingewiesen werden musste.
Eine der wesentlichen Bestimmungen in den Lissabonverträgen (wie im Grundgesetz) ist das Subsidiaritätsprinzip.
Der Grundsatz der Subsidiarität und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmen die Ausübung der Zuständigkeiten der Europäischen Union. Insbesondere in den Bereichen, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen, soll das Subsidiaritätsprinzip einerseits die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten schützen und andererseits das Tätigwerden der Union legitimieren, wenn die Ziele einer Maßnahme „wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen“ von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können. Tatsächlich ist die Praxis der EU, dass sie alle Kompetenzen an sich reißt. Sie findet immer Argumente, um zu behaupten, dass eine Maßnahme wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen nur zentralistisch von der EU gelöst werden kann. In dieser Auffassung wird die EU vom EuGH bestärkt, der nach eigenem Bekunden seine Aufgabe darin sieht, die Zuständigkeiten der EU auszuweiten. Hier geben die Lissabonverträge tatsächlich den nationalen Parlamenten die Chance, mit der Subsidiaritätsrüge wirksam einzugreifen.
Das Europaparlament kann- wenn auch nur beschränkt- in die EU- Gesetzgebung eingreifen.
In einem Teil der von der EU-Kommission eingeleiteten Gesetzgebungsverfahren kann das EU-Parlament Gesetze (Verordnungen) verhindern. Die Einzelheiten hierzu sind kompliziert, sie sollen hier nicht weiter erörtert werden. Es geht nur um die Tatsache, dass das einzig demokratische Organ, das EU-Parlament partiell Möglichkeiten hat, in die EU- (Sekundär)- Gesetzgebung einzugreifen. So kann es darauf hinwirken, dass Gesetze verhindert werden, die das Subsidiaritätsgebot missachten, die das Sozialstaatsprinzip zu Gunsten eines marktradikalen Wachstumskurses vernachlässigen, die staatliche Aufgaben, insbesondere Aufgaben der Daseinsvorsorge privatisieren.
2. Allgemeine Informationen
2.1 Familienförderung als kommunale Pflichtaufgabe
Durch nichts zu ersetzen
Die Förderung von Familien ist eine kommunale Pflichtaufgabe und mitnichten nur die Erfüllung staatlicher Fürsorgeaufgaben. Um Familiengerechtigkeit zu verwirklichen, muss die hergebrachte Sozialpolitik umsteuern und sich strategisch ausrichten.
Die Leistungen, die Familien für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erbringen, sind unverzichtbar.
Familien tragen in den Kommunen dafür Sorge, dass das „Humanvermögen“ gesichert wird. Die Familie ist die erste und wichtigste Sozialisations- und Erziehungsstation für den Nachwuchs. Sie schafft erst die Voraussetzungen für das Wohlergehen der Kinder. Familien vermitteln für das gesellschaftliche Zusammenleben wichtige Werte und schaffen bei den Kindern die Voraussetzungen zur Bereitschaft für gesellschaftliche Solidarität und soziales Engagement.
Wenn in einigen Städten im Ruhrgebiet ein Drittel der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahre im SGB-II-Bezug aufwachsen und ein weiteres Drittel knapp an der Armutsgrenze, dann leben zwei Drittel aller Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren in prekären Lebensverhältnissen.
Was dies für die Lebenskompetenz der Heranwachsenden, aber auch ihre Ausbildungsbereitschaft und -fähigkeit bedeutet, liegt auf der Hand. Damit ist auch klar, wo die Herausforderungen kommunaler Familienpolitik liegen.
Steigerung der Kaufkraft
Ein weiterer Aspekt familiärer Leistungen: Familien bringen Geld in die Kommunen und helfen, Geld zu sparen. Sie tragen zu höheren Einnahmen und geringeren Ausgaben der Kommune bei, indem sie die Kaufkraft steigern und ein erhebliches Investitionsvolumen mitbringen (z. B. Eigenheime, Bildungsinvestitionen). Zudem steigen mit zunehmender Einwohnerzahl die Schlüsselzuweisungen von Land und Bund an die Kommune.
Zum anderen stärkt familiärer Zusammenhalt die Sorge für die älteren Angehörigen und das freiwillige Engagement. Er trägt so zur Senkung der kommunalen Ausgaben bei. Intakte Familien benötigen deutlich weniger Unterstützungsleistungen in Krisensituationen und belasten den Sozialhaushalt weniger.
Und nicht zuletzt stellen Familien das Arbeitskräftepotenzial. Mütter (und Väter), die sich einen schnellen Wiedereinstieg in ihren Beruf – und zwar in mehr als Teilzeit – wünschen, sind kurzfristig aktivierbare Fachkräfte. Würde hier mehr in die Betreuung investiert, hätte dies unmittelbar spürbar eine Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit zur Folge.
Wenn die Gesellschaft echte Wertschätzung und Unterstützung für Familien ernsthaft will, bedeutet das, nicht nur nett zu ihren Familien zu sein. Dann braucht es Gerechtigkeit für Familien.
Familien, Kinder und Jugendliche haben Rechte. Sie brauchen Hilfestellungen, um ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Das bedeutet, Familien so zu unterstützen, dass sie die gestiegenen Anforderungen der heutigen Zeit stemmen können.
Harter Standortfaktor
Familien sind durch kein Jugendamt, keinen Staat zu ersetzen. Die Herstellung vor Familiengerechtigkeit ist in besonderem Maße eine Herausforderung der Kommunen, denn ob Familienleben gelingt oder nicht, entscheidet sich unter den konkreten Lebensbedingungen vor Ort.
Auch umgekehrt gilt der Zusammenhang: Die Konsequenzen überforderter Familien und misslungener Lebensläufe fallen den Städten und Gemeinden unmittelbar vor die Füße. Insofern ist es im ureigenen Interesse der Kommunen, „Familie“ als harten Standortfaktor und Pflichtaufgabe wahrzunehmen.
Der Blickwinkel der Politik muss weg von der „Fürsorge“. Kommunale Leistungen für Familien werden schnell als freiwillig – und damit beliebig – eingestuft und gegenüber Haushaltskürzungen angreifbar bis wehrlos gemacht. Der hergebrachte Gedanke, kommunale Familienpolitik sei Sozialpolitik und wäre im Jugendamt der Stadt richtig verortet, ist obsolet. Familienpolitik ist zuerst ein Querschnittsthema, das ressortübergreifend bearbeitet werden muss.
Familiengerechtigkeit dient der gesamten Stadtentwicklung und ist zentrales Element der Standortförderung.
Familiengerechtigkeit in der lokalen Politik bedeutet:
– Familien mit ihren vielfältigen Bedürfnissen im Fokus der politischen Aufmerksamkeit halten!
– Mit Familien und Akteuren außerhalb des Rathauses partnerschaftlich kooperieren: Mit ihnen, und nicht nur für sie handeln!
– Örtlich passgenaue bedarfsgerechte und zielgenaue Angebote auf den Weg bringen!
– Familienpolitik nicht als kurzfristiges Profilierungsthema ausschlachten, sondern politisch verbindlich entwickeln und als strategisches Stadtentwicklungsthema professionell umsetzen!
Entscheidend für den Erfolg ist die Qualität von Steuerung und Vernetzung vor Ort. Die Kommunen sind als Alleinveranstalter der örtlichen Familienpolitik überfordert, aber sie können Initiatoren und Moderatoren sein. Ihre Aufgabe ist es, die anderen Beteiligten wie Unternehmen, Verbände, Kirchen und Vereine in die Gestaltung von Familiengerechtigkeit vor Ort einzubinden.
Das Audit Familiengerechte Kommune rückt diese Herausforderungen in den Fokus und weist Wege, wie sie im partnerschaftlichen Zusammenwirken aller, die in den Kommunen die Lebenssituation von Familien beeinflussen, bewältigt werden können. Sachgerechte Konzepte, die auf der Grundlage einer präzisen Bestimmung der Ausgangslage und der Identifikation von Handlungsbedarfen mit Beteiligung aller wichtigen Akteure (und nicht zuletzt der Familien selbst!) erstellt werden, bringen Bewegung in die Kommune. Das Audit trägt dazu bei, solche Bewegung in Gang zu bringen und zu halten.
Andreas Osner
Der Autor
Dr. Andreas Osner ist Geschäftsführer des Vereins Familiengerechte Kommune mit Sitz in
Bochum
Dr. Andreas Osner
Info: Das Audit familiengerechte Kommune ist ein strategisches Planungsinstrument für die politische Entscheidungsebene. Es ist als ein demokratischer Prozess im Zusammenspiel von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft angelegt. Die Auditierung benötigt etwa ein Jahr. In diesem Zeitraum wird eine Bestandsaufnahme der familienpolitischen Leistungen vorgenommen, eine Strategie für die verschiedenen Handlungsfelder erarbeitet und ein Beschluss über die Ziele und Maßnahmen für die nächsten drei Jahre herbeigeführt. Die Auditierung endet im Erfolgsfall mit der Zertifizierung als „Familiengerechte Kommune“.
(Aus: Der Gemeinderat Juni 2012)
2.2 PPP als Mittel der kommunalen Investition
Bei der Beschaffung die richtigen Anreize setzen
Der Bundesrechnungshof und die Landesrechnungshöfe erkennen ÖPP als wertneutrale Beschaffungsvariante an. Die gerügten Defizite betreffen überwiegend die praktische Umsetzung, stellt der Bundesverband PPP in diesem Beitrag klar.
Der Bundesrechnungshof und die Landesrechnungshöfe haben im September 2011 einen gemeinsamen Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten veröffentlicht. In diesem Bericht bringen die Rechnungshöfe ihre Auffassung zum Ausdruck, dass Öffentlich- Private Partnerschaften eine „wertneutrale Beschaffungsvariante zu konventionellen Bau- und Finanzierungsmodellen“ darstellen. Der Bundesverband PPP – Netzwerk für Infrastrukturmanagement (BPPP) begrüßt diese Feststellung ausdrücklich. Sie stellt einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion über Sinn und Unsinn kooperativer Beschaffungsvarianten bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben dar.
Soweit ausgesprochene Gegner von ÖPP diesen Bericht für sich in Anspruch nehmen, verkennen sie, dass die Rechnungshöfe sich ausdrücklich nicht gegen die Umsetzung von ÖPP stellen, sondern allgemeine und konkrete Anforderungen an deren Umsetzung formulieren, die zudem in vielen Teilen auch vom BPPP unterstützt werden. Der Verband hat sich immer dafür eingesetzt, die Eignung von Projekten für ÖPP qualifiziert und unabhängig von dogmatischen Vorbehalten zu prüfen.
Die Arbeitskreise Immobilien und Infrastruktur des Netzwerks haben sich Mitte Februar dieses Jahres mit dem Bericht auseinandergesetzt. Dabei wurde deutlich, dass ÖPP als Variante der Beschaffung öffentlicher Infrastruktur konzeptionell mittlerweile sehr starke Strukturen ausgeprägt hat, die in zahlreichen praxiserprobten Leitfäden ihren Niederschlag gefunden haben. Die vom Rechnungshof gerügten Defizite betreffen zum weit überwiegenden Teil die praktische Umsetzung der Beschaffung.
In Zukunft muss es darum gehen, die richtigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung zu schaffen, wozu insbesondere die Stärkung des Know-how bei allen Beteiligten vor Ort gehört. Die Diskussion bestätigte die Einordnung von ÖPP als wertneutrale Beschaffungsvariante, die immer dann gewählt werden sollte, wenn sie wirtschaftliche Vorteile bietet.
In der öffentlichen Diskussion wird dabei aber allzu oft vernachlässigt, dass die Zusammenarbeit mit dem privaten Partner auch andere Vorteile wie zum Beispiel qualitative Verbesserungen oder schnellere Verfügbarkeit der Einrichtung mit sich bringen, die in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden sollten.
Strukturelle Mängel
Eine Reihe von Anmerkungen und Kritikpunkten der Rechnungshöfe trägt nicht der Entwicklung in der Praxis Rechnung. Einzelne, durchaus berechtigte Kritikpunkte sind dem Pilotcharakter zahlreicher Projekte in der Frühphase von Öffentlich-Privaten Partnerschaften in Deutschland geschuldet oder betreffen im Kern generelle Strukturdefizite der Beschaffung durch die öffentliche Hand, die daher nicht der Beschaffungsvariante ÖPP angelastet werden können.
Der Bundesverband PPP unterstützt die generelle Forderung der Rechnungshöfe nach Transparenz der finanziellen Belastung durch Infrastrukturprojekte. Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Vertragsvereinbarungen bei ÖPP-Projekten machen die Projektkosten transparent, und zwar sowohl die Investitions- als auch die Betriebs- und Unterhaltungskosten einschließlich der damit verbundenen Risiken über den Lebenszyklus des Bauwerks.
Die Forderung nach Ausweisung der Verpflichtungen aus ÖPP-Verträgen in den Haushalten ist richtig. ÖPP dürfen nicht dem Zweck dienen, den Verschuldungsgrad öffentlichrechtlicher Körperschaften zu verschleiern.
Die Forderungen nach Transparenz dürfen aber nicht den Blick verstellen auf den Umstand, dass die tatsächlichen Projektkosten über den Lebenszyklus im Rahmen der kameralistischen Haushaltsführung unzureichend abgebildet werden und eine wertneutrale Prüfung des Beschaffungsalternativen nur möglich ist, wenn diese konsequent in die Betrachtung einbezogen werden. Denn auch konventionell beschaffte Bauwerke binden zukünftig Haushaltsmittel für deren Unterhaltung und Betrieb oder führen zu einem Wertabfluss durch Substanzverlust.
ÖPP-Projekte dürfen nicht diskriminiert werden. Im Interesse einer wertneutralen Optimierung der Beschaffung durch die öffentliche Hand sollten Erfahrungswerte nicht für ÖPPProjekte isoliert betrachtet werden, sondern vergleichbaren Bauprojekten, die in konventioneller Weise beschafft wurden, gegenübergestellt werden. Wie bei ÖPP-Projekten wäre im Rahmen eines wertneutralen Ansatzes zu erwarten, dass positive und negative Erfahrungen unabhängig von der Beschaffungsvariante im Hinblick auf den Lebenszyklus der Bauwerke gegenübergestellt werden.
Ein qualifizierter Wirtschaftlichkeitsvergleich ist bei jedem Projekt, also sowohl bei Öffentlich- Private Partnerschaften als auch bei konventioneller Realisierung, ab einer bestimmten Größenordnung geboten, um Lebenszykluskosten und Risiken offenzulegen und die optimale Beschaffungsvariante zu bestimmen. Der Bundesverband PPP hat dies von jeher gefordert und qualifizierte Empfehlungen zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und vor allem von deren Informationsgrundlagen vorgelegt (s. "Tipps für bessere Planung von ÖPP-Projekten" unten).
Wenn im Rahmen des Berichts Mängel bei der Durchführung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung angemerkt werden, können diese nicht verallgemeinert werden. Eine Reihe der von den Rechnungshöfen erhobenen Forderungen sind bereits in den von Bund und Ländern entwickelten Leitfäden umgesetzt und haben sich zum Marktstandard entwickelt. Zu Recht fordern diese Leitfäden die Vergleichbarkeit der Beschaffungsalternativen (vgl. den Leitfaden der Finanzministerkonferenz, „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, 2006, S. 23, 36 f.). Hierfür sollen dem Vergleich gleiche Rahmenbedingungen und Qualitätsniveaus zugrunde gelegt werden.
Dies darf allerdings nicht dergestalt interpretiert werden, dass in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung Kosteneinsparungen, die durch intelligente Leistungsgestaltung in den ÖPPAngeboten oder durch Verhandlungserfolge erzielt werden, der Kalkulation der konventionelle Beschaffung zugrunde gelegt werden. Wie die Leitfäden zu Recht vorgeben, muss die objektive Beschaffungsrealität des jeweiligen Projektträgers berücksichtigt werden. Jede andere Sichtweise führt zu einer hypothetischen Betrachtung, die nicht die Wirklichkeit bei tatsächlicher konventioneller Realisierung widerspiegelt und Wirtschaftlichkeitsvorteile verschenkt.
Projektbezogene Bewertung
Auch die kritischen Anmerkungen der Rechungshöfe zur Vertragsgestaltung und Finanzierung können nur äußerst eingeschränkt verallgemeinert werden. Dies gilt beispielsweise für die Aussage, ein öffentlicher Auftraggeber sei verpflichtet, die Kosten für nach einem Einredeverzicht forfaitierte Betriebsleistungen zu übernehmen. Der Einredeverzicht im Zusammenhang mit Forfaitierungsmodellen erstreckt sich heute grundsätzlich nur auf die Finanzierungskosten (Zins und Tilgung). Er erstreckt sich nicht auf das Betreiberentgelt für die laufende Unterhaltung, das auch nach Erklärung des Einredeverzichts zurückbehalten oder gekürzt werden kann. Die Rückverlagerung von Risiken erfolgt dabei auch erst nach Fertigstellungm und Abnahme des Baus, was keine Schlechterstellung gegenüber konventioneller Bauweise darstellt. Im Gegenteil erfolgt bei konventionellen Projekten in der Regel eine Auszahlung mnach Baufortschritt, bei der die Risiken der öffentlichen Auftraggeber größer sind.
Zu Recht stellen die Rechnungshöfe positiv heraus, dass ein Wesenselement von Öffentlich- Privaten Partnerschaften die Risikoverlagerung auf den privaten Partner ist, die eine Reihe von Vorteilen mit sich bringt. Gleichzeitig wird der in den Projekten ausgewiesene Risikotransfer angezweifelt. Die Beanstandungen des Wirtschaftlichkeitsvergleichs zu konkreten Projekten müssten projektbezogen unter Einbeziehung der Projektbeteiligten diskutiert werden.
Eine Ausblendung der Risikokosten würde jedoch das Bild grob verfälschen, da gerade die von der öffentlichen Hand bei konventioneller Realisierung getragenen Risiken ein wesentlicher Kostentreiber sind. Ein wesentliches Kernprinzip von ÖPP zur Steigerung der Effizienz bei der Beschaffung von Infrastruktur ist gerade der umfangreiche Risikotransfer.
Belastbare Datenbasis zugrunde legen
Wie zahlreiche Negativbeispiele aus der konventionellen Beschaffungspraxis zeigen, ist ein effizientes Risikomanagement bei Infrastrukturprojekten von ganz erheblicher Bedeutung für die Optimierung der Beschaffung. Dies belegen auch die Prüfungsergebnisse der Rechnungshöfe.
Die Forderung der Rechnungshöfe nach einer belastbaren Datenbasis für die Risikobewertung unterstützt der Bundesverband PPP vorbehaltlos und würde es begrüßen, wenn die vorhandenen Informationen aus deren Prüfungspraxis entsprechend aufbereitet würden. Auch der Variantenvergleich im Rahmen von A-B-C-Ausschreibungen, die in dem Bericht positiv erwähnt werden, kann bei seriöser Handhabung nicht ohne Einbeziehung der Risikokosten auskommen.
Widersprüchlich ist die Kritik der Rechnungshöfe, soweit einerseits argumentiert wird, dass die auf die privaten Partner übertragenen Risiken zu hoch bewertet seien, andererseits aber nachdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Informationslage zu konventionellen Realisierungen zu dünn sei, als dass belastbare Aussagen zum Wirtschaftlichkeitsvorteil zu treffen wären. Fraglich ist deshalb, wie angesichts fehlender Informationen die Rechnungshöfe folgern können, dass der Risikotransfer zu hoch sei. Jede Pauschalkritik, dass der Wirtschaftlichkeitsvorteil auf zu hohen Ansätzen für den Risikotransfer beruhe, ist deshalb fehlgeleitet.
Die Projektrealität zeigt vielmehr den überragenden Einfluss, den ein effizienter und nachhaltiger Risikotransfer auf den Projekterfolg haben kann.
Konkrete Wirtschaftlichkeitsvergleiche sind sinnvoll, erreichen aber vielfach ihre Grenzen, da Vergleichsparameter fehlen und daher für beide Vergleichsvarianten Annahmen getroffen werden müssen. ÖPP ist ein alternatives Beschaffungsverfahren, das nicht nur den Bau (Investition), sondern auch Betrieb und Unterhaltung, die bei einem Bauwerk den größeren Teil der Lebenszykluskosten ausmachen sowie die zugehörigen Risiken mit in den Wettbewerb stellt. Das Ziel muss sein, aus dem Bericht der Rechnungshöfe die richtigen Lehren zu ziehen und bei der Beschaffung im Interesse einer besseren Versorgung mit öffentlicher Infrastruktur die richtigen Anreize zu setzen. Die bisherige Beschaffungsrealität leistet dies nicht.
Tipps für bessere Planung von ÖPP-Projekten
Der Bundesverband PPP – Netzwerk für Infrastrukturmanagement (BPPP) mit Sitz in Hamburg will frei von dogmatischen Vorbehalten daran mitwirken, die Strukturen im Interesse eines transparenten und auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Beschaffungswettbewerbs zu verbessern. Sein Ziel ist es, alternative Beschaffungswege gegenüber konventionellen Ausschreibungen – die nach allseitiger Erfahrung zu großen Bauzeitverzögerungen, exorbitanten Baukostenerhöhungen und der Ausklammerung der Betriebsphase vom Wettbewerb führt – in der Beschaffungsrealität zu etablieren.
Der Verband unterstützt die Forderung der Rechnungshöfe, bei jedem Projekt ab einer bestimmten Größenordnung einen qualifizierten Wirtschaftlichkeitsvergleich durchzuführen. So können Lebenszykluskosten und Risiken offengelegt und die optimale Beschaffungsvariante bestimmt werden. Hierzu hat der Bundesverband PPP Empfehlungen zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und vor allem von deren Informationsgrundlagen vorgelegt.
– Optimierung von Wirtschaftlichkeitsleistungen in immobilienwirtschaftlichen PPPs.
Ein Thesenpapier, Arbeitskreis PPP im Management öffentlicher Immobilien im BPPP e.V., 2007, in: Andreas Pfnür (Hrsg.), Arbeitspapiere zur immobilienwirtschaftlichen Forschung und Praxis (Band Nr. 9), Technische Universität Darmstadt, ISSN 1862-2291
Die Autoren
Dr. Christian Scherer-Leydecker, Köln, ist Partner und Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle,
Prof. Dr. Andreas Pfnür ist Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehrer an der Technischen Universität Darmstadt,
Michael Korn, Weimar, ist Prokurist bei Alfen-Consult,
Monica A. Schulte Strathaus, Düsseldorf und Köln, ist Partnerin der Ernst & Young Real Estate,
Anna Schümann, Düsseldorf, ist Managerin der Ernst & Young Real Estate
(Aus: Der Gemeinderat Spezial April 2012)
Zum Thema PPP gibt es ein Der Gemeinderat Spezial, aus dem auch der zitierte Text stammt und das eine Fülle von Beiträgen zum Thema bietet. Das Heft ist auch online einzusehen unter ___________________________________________________________________
2.3 Schulentwicklungsplanung der Kommunen
Experten an einem Tisch
Die Bildungspolitik muss die demografischen Veränderungen ins Auge fassen und die Schulinfrastruktur daran orientieren. In Bayern haben mehrere Landkreise von einem Planungsbüro Entwicklungskonzepte für ihre Schulen ausarbeiten lassen.
Der Sanierungsstau bei Schulen ist vielerorts groß. Schulträger stehen vor millionenschweren Investitionsentscheidungen. Als Folge der demografischen Entwicklung sowie neuer Trends im Bildungswesen werden sich auch die Anforderungen an die Schulinfrastruktur ändern. Um zu ermitteln, welche Investitionen langfristig sinnvoll sind, hat eine Arbeitsgemeinschaft der Fachhochschule für angewandtes Management in Erding (Bayern), dem Projektplanungsbüro Kplan sowie der MP-Unternehmensberatung Schulbedarfsplanungen für verschiedene bayerische Landkreise erarbeitet.
In den Landkreisen Miesbach und Bad Tölz beispielsweise konnten bereits während der Bearbeitung der Studien wichtige schulpolitische Entscheidungen auf den Weg gebracht werden.
Auf Basis einer Analyse des Ist-Zustandes wurden Schüler- und Auslastungsprognosen bis 2020 anhand einer Trendrechnung unter Berücksichtigung der demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung erstellt. Durch verschiedene Szenarien wurde das Spektrum möglicher Entwicklungen für die weiterführenden Schulen in beiden Landkreisen abgesteckt. Ausgehend von einem Basisszenario, das beschreibt, wie viele Schüler sich je Schulart bei Fortsetzung der Trends bis 2020 ergeben und welche Maßnahmen zur Bedarfdeckung notwendig sind, wurden weiterführende Szenarien entwickelt, aus denen konkrete Handlungsempfehlungen zur Entwicklung der gesamten Schullandschaft der Landkreise abgeleitet wurden.
Keine Entlastung bei den Realschulen
Bestrebungen des Landkreises München zum Neubau eines Gymnasiums haben nicht nur die Diskussionen zur Errichtung eines eigenen Gymnasiums am Standort Holzkirchen im Landkreis Miesbach aufkommen lassen, sondern lösten auch Bedenken hinsichtlich der Zukunftsperspektiven des Gymnasiums Tegernsee aus. Eine Überlastung der Realschulen machte es zudem notwendig, auf mobile Klassenzimmer zurückzugreifen.
Eine entsprechende Analyse der Arbeitsgemeinschaft hat bestätigt, dass bei den Realschulen auch in Zukunft nicht von einer Entlastung auszugehen ist. Die Auswertung der Gymnasien zeigte, dass eine komplette Schule fehlt, um den künftigen Bedarf zu decken. Diese Erkenntnisse sind unter Berücksichtigung der Schulentwicklungspläne der angrenzenden Landkreise in weiterführende Szenarien eingeflossen.
Das Szenario „Einführung eines Kooperationsmodells“ zeigt, dass durch den Aufbau einer zweizügigen Schule im Tegernseer Tal die Überhänge im Realschulbereich langfristig beseitigt werden können und ab 2016 ein weitgehender Verzicht auf mobile Klassenzimmer möglich ist. Die Entscheidung zur Realisierung des Kooperationsmodells wurde bereits während der Untersuchung eingeleitet.
Verbundlösungen untersucht
An den Gymnasien deuteten die vorhandenen Engpässe bereits auf akuten Handlungsbedarf hin. Deshalb wurden in einem weiteren Szenario die Auswirkungen eines Neubaus in Holzkirchen auf die bestehenden Gymnasien im Landkreis Miesbach aufgezeigt. Dabei konnte Entwarnung für das Gymnasium in Tegernsee gegeben werden. Trendrechungen haben gezeigt, dass der Bau eines neuen Gymnasiums dieses nicht gefährden würde. Auch die Entscheidung für den Bau des Gymnasiums in Holzkirchen wurde daraufhin zeitnah nach Abschluss der Untersuchung getroffen.
Im Landkreis Bad Tölz lag während der Bearbeitung auch ein besonderer Fokus auf den Grund- und Hauptschulen. Hier wurde analysiert, wie sich der Trend zur Höherqualifizierung auswirken wird. Um künftig den Mittelschulanforderungen gerecht zu werden, wird im Landkreis die Bildung von Verbünden notwendig, nicht zuletzt auch um Standorte zu halten. Vor diesem Hintergrund wurden in einem gesonderten Szenario mögliche Verbundlösungen untersucht und mit den Entscheidungsträgern im Rahmen von Workshops abgestimmt.
Bei der Untersuchung der Gymnasien konnte besonders von der parallelen Bearbeitung der Studie für die Landkreise Miesbach und Bad Tölz profitiert werden und wechselseitige Auswirkungen, wie etwa durch ein neues Gymnasiums in Holzkirchen, berücksichtigt werden.
Im Ergebnis empfiehlt die Arbeitsgemeinschaft unter anderem für das Gymnasium Geretsried Erweiterungsmaßnahmen und Kooperationen mit einer Hauptschule, um den Raumbedarf zu decken.
Cordula Offak / Andrea Kreil
Die Autorinnen
Cordula Offak und Andrea Kreil sind Schulentwicklungsberaterinnen beim Planungsunternehmen
Kplan mit Sitz in Abensberg
(Aus: Der Gemeinderat 3-2012)
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2.4 Bildungsförderung in Kommunen
Bildungsförderung
Partner vor Ort einbeziehen
Dr. Heike Kahl, Geschäftsführerin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, über die Bildungsförderung, die Initiative Bündnisse für Chancengerechtigkeit und ihr Angebot an die Kommunen.
der gemeinderat:
Frau Dr. Kahl, die Bildungsförderung ist eine zentrale politische Aufgabe. Jede Stadt und Gemeinde, jede Partei will auf diesem Gebiet das Beste erreichen. Wie definiert die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung ihre Rolle im Bildungssektor?
Kahl: Seit 15 Jahren erarbeitet die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung innovative Lösungen für drängende Probleme im Bildungsbereich. Wir vermitteln keine „fertigen Modelle“ an die Praxis, sondern setzen darauf, wirksame Handlungsansätze im Dialog mit allen Beteiligten prozessorientiert zu entwickeln. Wir sind auch keine Lückenbüßer für staatliche Leistungen, aber wir können durch unser Wissen Druck auf öffentliches Handeln ausüben und gemeinsam mit öffentlichen und privaten Partnern Lösungen erarbeiten. Peter Fauser hat mal gesagt: „Die gesamte deutsche Gesellschaft verhält sich wie eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.“ Jeder spricht von Verantwortung und Vernetzung, aber die findet in der Praxis oft nicht genug statt. Dieser Lücke nimmt sich die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung an.
der gemeinderat: Die Bundesregierung will Kindern und Jugendlichen aus finanziell schlecht gestellten Familien mit dem Bildungspaket bessere Lebens- und Entwicklungschancen eröffnen. In welcher Weise unterstützt die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung dieses Ziel?
Kahl: Gute Bildungs- und Teilhabechancen sind eines der drängendsten Probleme in Deutschland. Es ist wichtig, dass die Bundesregierung sich mit dem Bildungs- und Teilhabepaket dem Thema angenommen hat, das Paket ist aber nur ein Baustein unter vielen. Jetzt kommt es darauf an, die Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket klug einzusetzen. Mit der Initiative Bündnisse für Chancengerechtigkeit wollen wir einen Impuls setzen. Uns geht es nicht darum, die Verteilungsmechanismen zu vereinfachen. Die Initiative ist eine Einladung an alle, die an Bildung beteiligt sind, zu überlegen, wie man über das eng geschnürte Bildungspaket hinaus die Chancen für jedes einzelne Kind verbessern kann.
der gemeinderat: Bildungspolitik ist in Deutschland Ländersache. Würde mehr zentrale Steuerung die Bildungsförderung nicht erleichtern?
Kahl: Bildungspolitik muss die Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt stellen, unabhängig davon, auf welcher Ebene sie gesteuert wird. Dafür ist es wichtig, die Bildungspartner einzubeziehen, die vor Ort sind und den Bedarf im Bundesland oder der Kommune kennen. Im Ganztagsschulprogramm „Ideen für mehr! Ganztägig lernen“ beispielsweise kooperieren wir mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und bilden mit den Serviceagenturen „Ganztägig lernen!“ in den Ländern die Verbindung zwischen Land und Bund. Im Schulerfolgsprogramm in Sachsen-Anhalt ist das Land unser Partner, die Serviceinitiative Bündnisse für Chancengerechtigkeit richten sich an Bund, Länder und Kommunen.
der gemeinderat: Mangelnde Ausdrucksfähigkeit verhindert vielfach das Fortkommen in Schule und Ausbildung. Reichen die vorhandenen Programme zur Sprachförderung, zum Beispiel bereits in den Kindergärten, aus, um Kindern und Jugendlichen aus Einwandererfamilien die nötigen Kenntnisse zu vermitteln?
Kahl: Eine gute Sprachförderung im Kindergarten gehört zu den drängendsten Aufgaben, und zwar nicht nur für Kinder aus Familien, in denen Deutsch nicht die Muttersprache ist. Leider bleiben Förderprogramme meist wirkungslos, wenn es nicht gelingt, Sprachförderung in den Alltag einer Einrichtung zu integrieren. Deshalb brauchen wir gute Unterstützungsangebote für Erzieherinnen und Erzieher. Geeignete Anlässe, sich mit Kindern über Beobachtungen, Gedanken, Ideen oder Meinungen auszutauschen, gibt es in Kitas genug. Sie müssen nur erkannt und genutzt werden. Wir haben in der DKJS mit Ansätzen, die auf eine veränderte Alltagskultur abzielen, sehr gute Erfahrungen gemacht, nicht nur beim Thema Sprachförderung.
der gemeinderat: Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung bietet den Kommunen Beratung zu Konzepten für mehr Chancengerechtigkeit an. Welche Bestandteile umfasst diese Service initiative konkret?
Kahl: Die Kommunen sind der Kern unserer Initiative, nicht nur als Zielgruppe, sondern weil sie selbst das Praxiswissen haben und es an andere Kommunen weitergeben können. In Wiesbaden hat beispielsweise das Amt für Soziale Arbeit einen Gemeinschaftsantrag für das Mittagessen gestellt, in Weiterstadt gibt es in den Kitas Personal, das schaut, welche Kinder von Armut gefährdet sind und eine besondere Förderung brauchen. Die Kommunen wollen sich austauschen, wie sie Chancengerechtigkeit vor Ort umsetzen können. Deswegen geben wie den Kommunen die Möglichkeit, sich in Beratungssalons oder bei Hospitationen kollegial zu beraten und voneinander zu lernen. Unser Servicebüro arbeitet die Fragen und Praxisbeispiele aus den Kommunen auf. Über unser Infotelefon können sich die Kommunen dann über Konzepte und Praxisbeispiele informieren.
der gemeinderat: Das Angebot an die Kommunen besteht seit Mitte Juli. Wie sind die Reaktionen im Beratungsbüro?
Kahl: Anfangs konzentrierte sich unser Servicebüro vor allem darauf, Beispielkommunen zu gewinnen. Bei unserem ersten Beratungssalon Anfang Juli haben wir gemerkt, dass das Bedürfnis der Kommunen, sich über Herausforderungen bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets auszutauschen, sehr groß ist. Sie wollen die Mittel in bestehende Strategien integrieren, schließlich ist Chancengerechtigkeit in vielen Kommunen schon einige Zeit auf der Agenda. Leider sind nicht alle Modelle kompatibel mit der Verwaltung des Bildungs- und Teilhabepakets. In Kassel beispielsweise hatte die Kommune einen Bildungsfonds eingerichtet, der muss jetzt aufgelöst werden. Viele Kommunen haben uns rückgemeldet, dass Lernförderung eine große Herausforderung ist. Deshalb veranstalten wir Mitte Oktober einen Beratungssalon zum Thema. Im Oktober und Dezember planen wir Regionalkonferenzen, bei denen Experten aus Wissenschaft, Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam überlegen, wie kommunale Strategien für Chancengerechtigkeit aussehen können.
der gemeinderat: Die 1994 gegründete Deutsche Kinder- und Jugendstiftung hat den Fokus ihrer Arbeit am Anfang auf Ostdeutschland gelegt. Heute ist sie im Ost und Westen gleichermaßen tätig. Haben sich die Lebens- und Lernbedingungen angeglichen?
Kahl: Damals ging es darum, die Kinder- und Jugendarbeit in den ostdeutschen Bundesländern wieder aufzubauen, erfolgreiche Programme zu multiplizieren und in die Breite zu tragen.
Aber relativ rasch fragten auch die alten Bundesländer: „Brauchen wir solche Projekte nicht auch im Ruhrgebiet? Ist ein arbeitsloser Jugendlicher in Nordrhein-Westfalen weniger wert als einer in Waren an der Müritz?“ Wir sind heute bundesweit mit unseren Programmen vertreten, weil Ost- und Westdeutschland vor gemeinsamen Problemen stehen.
Interview: Jörg Benzing
Info: Mehr Informationen zur Initiative erhalten Sie unter über das Infotelefon: 0800/6647157
2.5 Volksbegehren in Bundesländern immer häufiger Instrument der direkten Bürgerbeteiligung
Der Verein „Mehr Demokratie“ weist in seinem jüngsten Volksbegehrensbericht darauf hin, dass dieses Instrument der direkten Bürgerbeteiligung immer häufiger zur Anwendung kommt. Alleine im Jahr 2011 waren es 18 neueingeleitete Verfahren, darunter in Hamburg (Rekommunalisierung) oder in Berlin (Offenlegung der Verträge der lokalen Wasserwirtschaft) Informationen zum Volksbegehrensbericht gibt es auf der Homepage des Vereins.
3. Hinweise von ÖDP-Mandatsträgern
3.1 Seminar (Hinweis von Rosemarie Bendl, ÖDP Erding)
Frauen in kommunalpolitischen Führungspositionen
Seminar für kommunalpolitisch engagierte Frauen
Seminar-Nr 12.6.055
Kategorie Kommunalpolitik
Datum 21.–23.09.2012
Zeit 19:00–14:30
Ort Arbeitnehmer-Zentrum Königswinter
Johannes-Albers-Allee 3, 53639 Königswinter
Seminarleitung Hanna Stoewe
· Telefon: 0 22 23 / 73 - 122
· Sekretariat: Andrea Kannegießer, Tel. 0 22 23 / 73 - 167
Kosten 175,00 €
Veranstalter Stiftung Christlich-Soziale Politik e.V.
Dokumente zum Download · 12_6_055_5.pdf (348 K)
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4. Umweltfragen
4.1 Abfallpädagogik
Der Entsorgungsbetrieb Mainz wird in seinem Umweltbildungzentrum ab 2013 ein begehbares Modell einer Bioabfallvergärunganlage mit Blockheizkraftwerk in einer „Erlebniswelt“ für Kinder anbieten. Damit soll vor allem Schulklassen die Möglichkeit geboten werden, Einblicke in die Verwertung von biologischem Abfall zu erhalten.
Infos zum Modell gibt es bei eb-mainz .de (>Aktionsangebote> UmweltBildungsZentrum)
Oder direkt bei Entsorgungsbetrieb Mainz, Anna Schleifer, Tel. 06131-12-3073
anna.schleifer@stadt.mainz.de
4.2 Kommunaler Klimaschutz – Möglichkeiten für Kommunen
Mit dem Förderprogramm zur novellierten Kommunalrichtlinie sollen Bemühunge der Kommunen beim Klimaschutz gefördert werden. Allerdings befürchtet der Deutsche Städte- und Gemeindebund eine Kürzung der Fördermittel.
Grund: Geringere Einnahmen aus dem Emissionshandel.
Informationsmöglichkeiten zur Thematik
Die Broschüre „Kommunaler Klimaschutz – Möglichkeiten der Kommunen gibt als als pdf
Die Stellungnahme des DStGB gibt es hier (Positionspapiere/ Energiewende nur mit Kommunen! Positionspapie Energiewende)
4.3 Filterpflicht für Baumaschinen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die IG Bauen-Agrar-Umwelt fordern eine Filterpflicht für Baumaschinen. Selbst in Umweltzonen, so die beiden Organisationen, könnten Baumaschinen weiterhin ohne jegliche Filteranlagen eingesetzt werden. Dies sei den Besitzern von Pkw nur schwer vermittelbar, für die in Umweltzonen eine strikte Plakettenpflicht gelte.
In Frankfurt und Berlin sei eine Filterpflicht für Baufahrzeuge schon gesetzlich geregelt. Eine Datenbank über Partikelfilter für Baumaschinen
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4.4 Autofahrer können ÖPNV testen
In Leipzig konnten in den vier Tagen nach Ostern Autofahrer kostenlos den ÖPNV testen. Dabei galt die Kfz-Zulassung als Fahrschein. Nach Auskunft der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) haben an den vier Tagen ca. 6.500 Fahrgäste das Angebot genutzt.
Infos zur Veranstaltung gibt es bei den LVB, Reinhard Bohse, Tel.: 0341-492-1038 oder unter pressesprecher@lvb.de
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5. Kommunale Verwaltung
5.1 Belohnung für umweltgerechtes Verhalten
Die Stadt Bad Zwischenahn belohnt ihre Mitarbeiter/-innen, wenn sie Energie und Wasser einsparen. Fünfzig Prozent der eingesparten Gelder sollen für Zwecke der Mitarbeiter/-innen verwendet werden (z.B. für gemeinsame Ausflüge oder andere Projekte). Der Personalrat hat ein Mitspracherecht bei der Verwendung der Gelder.
Informationen bei Bürgermeister Dr. Arno Schilling, Am Brink 9, 26160 Bad Zwischenahn, Tel.: 04403-604-0, gemeinde@bad-zwischenahn.de
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5.2 Umsatzsteuerbefreiung für kommunale Entsorger auf dem Prüfstand
Der Bundesfinanzhof hat in einer seiner letzten Entscheidungen möglicherweise die Weichen dafür gestellt, dass auch kommunale Entsorger zukünftig der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Diese Ansicht vertritt der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung und verweist auf ein Urteil zur Frage der Vermietung einer Turnhalle.
Das Urteil findet man unter Az.: V R 41/10
Nachfragen zur Thematik bitte Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung,
Jörg Lacher, Hohe Straße 73, 53119 Bonn, Tel.: 0228-98849-27,
lacher@bvse.de
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5.3 Geld für Energiewende auf kommunaler Ebene in Bayern
Das bayerische Landwirtschaftsministerium will die Energiewende in ländlichen Kommunen voranbringen. Deshalb sollen 100 ländliche Gemeinden bis zu 75 % der Kosten für derartige Energiekonzepte erstattet werden. Informationen zur konkreten Ausgestaltung des Förderprogramms ___________________________________________________________________
5.4 Urban Gardening
Die Idee des „Urban Gardening“ greift in Deutschland immer mehr um sich. In Berlin fand nun Mitte Juni der sechste „lange Tag der Stadtnatur“ statt.
Eine Broschüre über Berlins Gartenarbeitsschulen
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5.5 City-Maut
Bei nur einem Euro pro Fahrzeug brächte eine City-Maut der Stadt Tübingen einnahmen von 20 Millionen Euro jährlich. Diese Zahlen hat nach Auskunft der Tübinger Stadtverwaltung ein Mautsystemanbieter ausgerechnet. Das Geld könnte dafür verwendet werden, den ÖPNV zu finanzieren und Straßen zu sanieren. Voraussetzung für eine Entscheidung des Rates der Stadt sei aber ein Beschluss der Landesregierung, der den Kommunen eine solche Maut erlauben würde.
Informationen gibt es bei: Pressestelle der Stadt Tübingen, Sabine Schmincke,
Am Markt 1, 72070 Tübingen, Tel.: 07071-204-1500,
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5.5 Stadtnatur und ihre soziale Dimension
Umweltbildung und Stadtentwicklung stehen im Mittelpunkt einer Tagungsdokumentation, in der u.a. Biologen, Soziologen, Architekten und Politiker sich mit der Wertigkeit von Grünflächen und Parks für die Stadtbevölkerung befassen.
Die Dokumentation steht zum Abruf bereit.
6. Urteile bzw. rechtliche Hinweise zu kommunalpolitischen Sachverhalten
Den genauen Wortlaut der einzelnen Urteile findet man, wenn man die jeweilige Gerichtsinstanz bei google eingibt und dort dann unter dem angegebenen Az nach dem jeweiligen Urteil sucht.
6.1 Laufzeit eines Wärmeversorgungsvertrages
Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung die Laufzeitverträge über die Lieferung von Fernwärme unter die Lupe genommen und die Laufzeit über zehn Jahre mit Einschränkungen versehen. So müssen z.b. hohe Investitions – und Vorhaltekosten vorhanden sein, um diese Verträge rechtfertigen zu können.
Genauer Wortlaut des Urteils bei: Bundesgerichtshof, Az.: VIII ZR 262/09
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6.2 Benutzung unbenutzbarer Radwege
Radwege, die durch äußere Einflüsse (z.B. Löcher, aber auch Eis und Schnee) unbenutzbar sind, müssen von Radfahrern nicht benutzt werden. Die Radfahrer müssen dann auf der Fahrbahn ganz rechts fahren. Die Benutzung des Radwegs der anderen Fahrbahnseite ist hingegen nicht erlaubt.
OLG Naumburg, Az.: 1 U 74/11,
6.3 Flohmärkte und Sonntagsschutz
Floh- und Trödelmärkte dürfen grundsätzlich nicht an Sonn- und Feiertagen durchgeführt werden, sondern allenfalls an verkaufsoffenen Sonntagen.
OVG Rheinland-Pfalz, Az.: 6 A 10584/11
6.4 Zwei neue Urteile zum Thema Kinderlärm
a) Spielplatzlärm durch Ganztagsschulkinder auf Spielplatz
Auch die Benutzung eines Kinderspielplatzes durch Ganztagsschulkinder
In den Pausen stellt eine bestimmungsgemäße Nutzung des Spielplatzes dar und steht somit unter dem besonderen Toleranzgebot der Gesellschaft.
OVG Rheinland-Pfalz, Az.: 8 A 10042/12
b) Lärm durch Kindertagesstätten
Der Lärm, der durch den Betrieb einer Kita in einem Wohngebiet ausgeht, ist als typische Begleiterscheinung kindlichen Verhaltens grundsätzlich hinzunehmen. Die Bestimmungen der TA Lärm sind hier nur bei Bewertung des jeweiligen Einzelfalls hilfsweise heranzuziehen.
OVG Thüringen, Az.: 1 EO 560/10
7. Publikationen
7.1 Forum www .FuturZwei. org
Prof. Dr. Harald Welzer von der Stiftung Zukunftsfähigkeit möchte Menschen zu einer nachhaltigen Form des Umgangs mit der Umwelt bewegen. Auf seiner Internetseite verlangt er allerdings auch konkretes Handeln und Umsetzen seiner Anregungen.
Kontakt kann man herstellen über:
Futur Zwei, Stiftung Zukunftsfähigkeit, Am Klubhaus 4 b, 14482 Potsdam,
mail@futurzwei.org
7.2 Ideensammlung für nachhaltige Ansätze aus Kunst, Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft
Der Nachhaltigkeitsrat (RNE) hat in einer Broschüre 100 Projekte und Ideen vorgestellt, die mit unterschiedlichen Ansätzen versuchen, mit den Ressourcen der Umwelt verantwortlich umzugehen.
Infos bei der Geschäftsstelle der RNE in Berlin
Eike Meyer, Potsdamer Platz 10, 10785 Berlin, Tel.: 030-408190-171,
eike.meyer@nachhaltigkeitsrat.de
7.3 Mobilität im ländlichen Raum
Das Mobilitätsverhalten von Familien im ländlichen Raum wurde in einer Studie der TU Berlin untersucht. Die Ergebnisse werden nun vorgestellt, ergänzt durch umwelt- und familienfreundliche Alternativen zum Autofahren. Das Handbuch mit dem Titel „Umwelt- und familienfreundliche Mobilität im ländlichen Raum“ von Christine Ahrend und Melanie Herget gibt es kostenlos als PDF
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7.4 Wahrheit über die Wasserkraft
Vier bayerische Naturschutzverbände möchten auf die Folgen der Wasserkraftwerke auf die Fischfauna und den natürlichen Verlauf der Gewässer hinweisen und Änderungen anregen, die eine weniger destruktive Auswirkung zu folge haben.
Die Broschüre
8. Termine
8.1 ÖDP-Termine allgemein
- ÖDP-Bundesverband
10.07.12 In Würde alt werden. Aktuelle Problemlagen der Altenpflege München
21.07.12 ÖDP-Bundeshauptausschuss Würzburg
11.09.12 Wegwerfgesellschaft EU: Essen, produziert für die Biogasanlage München
15.09.12 Landesparteitag der ÖDP Rheinland-Pfalz Koblenz
09.10.12 Echte Demokratie-ist das in der Politik überhaupt gefragt? München
10.11.12 - 11.11.12 Bundesparteitag Erding
-ÖDP Bayern (siehe auch Termine ÖDP-Bundesverband – München-Termine)
28.07.12 Zum gegenseitigen Informations- und Gedankenaustausch in München
15.08.12 Familienfest der oberbayerischen ÖDP mit Besuch des Keltenmuseums in Manching bei Ingolstadt
20.10.12 Landeshauptausschuss in Nürnberg
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8.2 Andere Termine
- 31. Deutscher Naturschutztag
Schwerpunkt: Naturschutz in Zeiten der Energiewende (mit Exkursionen)
Erfurt, 17 – 21.09.2012
Kosten: Preis bitte erfragen
Bundesverbnd Beruflicher Naturschutz (BBN), Tel.: 0228-8491-3244 und 3245
mail@bbn-online.de
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- 100%-Erneuerbare-Energieen-Regionen – Erfolgsbeispiele und Praxisberichte
Kassel, 25./26.09.2012
Kosten: 180,00 bzw. 230,00 Euro
Infos bei Kongreßbüro 100 EER, c/o sxces Communication AG Veranstaltungsmanagement,
Maike Jakobi, Wigandstr. 17, 34131 Kassel, Tel.: 0561- 3149617
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