Der Artikel von Holger Douglas "Warum Traktoren durch Berlin rollen" (TP vom 23.1.20, übernommen von "Tichys Einblick") hat Aussagen die bestenfalls von Unwissenheit zeugen. Aber wenn man davon ausgeht, dass ein Journalist sich mit dem befasst, worüber er schreibt, dann grenzen diese Aussagen m.E. an Böswilligkeit. Bei Douglas rollen Traktoren nur für die konventionelle Landwirtschaft. Der Agrarwende unterstellt Douglas, dass in deren Folge Betriebe aufgegeben werden. Und die "Wir haben es satt" Demo besteht angeblich aus "satten Städtern", die demnach keine Ahnung vom Leben auf dem Land haben. Fakt ist, zur "Wir haben es satt" Demo kommen Menschen aus ganz Deutschland, viele Schilder haben Ortsnamen von Ortsgruppen teilnehmender Verbände, die meisten sind keine Großstädte. Vom Brandenburger Tor bis weit in den Tiergarten reicht die Schlange der 170 Traktoren, die diese Demo anführen. Die Landwirte sind zum Teil mehrere Tage auf ihren Treckern unterwegs, um nach Berlin zu kommen. Das Höfesterben ist doch seit Jahrzehnten ein Problem. So warb die ÖDP bereits 1992 zur Landtagswahl in Baden Württemberg für einen Existenzsicherungsvertrag für Landworte.
Die ÖDP warb 1992 zur Landtagswahl in Baden Württemberg für einen "Existenzsicherungsvertrag für Landwirte", um Bauernpleiten und Höfestreben zu stoppen. |
Das Wachsen oder Weichen ist seit langen das heimliche Motto der Agrarpolitik. Und so waren viele Plakate und Fahnen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL) auf der "Wir haben es satt"-Demo vertreten. Eine Forderung ist, die Gelder für die Landwirtschaft nicht mehr nach der Fläche zu vergeben, sondern für ökologische Leistungen. Landwirte die sich sinnvoll verhalten sollen für ihre Arbeit belohnt werden, statt die zu belohnen, die lediglich große Flächen haben. Die Landwirte stehen "nicht auf der anderen Seite", sondern hier gemeinsam Konsumenten und Produzenten guter Lebensmittel auf die Straße.
Wenn die Grünen mal was richtiges fordern - ich kann die wegen deren Gender-Politik und deren Verhalten bei Stuttgart 21 nicht wählen - , nämlich dass "Lebensmittel nicht billiger verkauft werden, als ihre Produktion für die Landwirte kostet", sieht Douglas bei den meisten ein Gehalt, dass sich nicht grünen Wünschen anpasst. Während also Douglas zunächst einen Keil zwischen Landwirte und "Wir haben es satt"-Demonstranten treibt, stellt er sich mit dieser Kritik an den Grünen gegen alle Landwirte. Denn auch konventionelle Landwirte wollen für ihre Arbeit wie jeder Mensch fair bezahlt werden. Es gab eine Zeit, da haben die Menschen einen höheren Anteil ihres Gehaltes für Lebensmittel ausgegeben und das nannte man die Zeit des Wirtschaftswunders. Natürlich muss man prüfen, ob der Mindestlohn oder Hartz IV auf die Preise ausgelegt sind, die den Landwirten das Leben ermöglichen, dass diese für ihre Arbeit verdienen.
Marktwirtschaft hat viele Vorteile, alles zu planen muss schief gehen. Aber das Gegenteil, Planlosigkeit, ist genauso schädlich. Und der Markt hat Schwächen, weil nicht immer die Machtverhältnisse gleich verteilt sind und weil der Markt blind ist für längerfristige Entwicklungen sowie ökologische und soziale Belange. Deshalb braucht der Markt einen Rahmen. Preise bilden sich eben nicht nur aus Angebot und Nachfrage. Sondern Preise werden auch eingesetzt, um Ziele durchzusetzen oder sind möglich, weil ein Großeinkäufer Marktmacht hat.
Güllelaster warten in Radevormwald Bergerhof auf der Kölner Straße, um ihre Fracht über die schmale Stichstraße nach Hulverscheidt zu bringen. Die Tier-Fäkalien, die hier herangekarrt werden, stammen von Schweinen, die nie mit Gras oder Feldfrüchten ernährt wurden, die von Wiesen und Feldern des Bergischen Landes stammen. Entsprechend oft ist das Land hier von beißenden Gestank erfüllt. |
Ich muss nur aus dem Fenster sehen, dann stehen da immer wieder LKW voller Gülle. Und ein Landwirt im Nachbardorf hat sich darauf spezialisiert, die vor jeder Regenfont auf die Felder zu bringen. Früher brachten die Bauern 2 mal im Jahr Jauche aus, der Rest war Festmist. Und es gab ein Verhältnis von der Zahl der Tiere zur Fläche des Hofes. Wenn man sich heute die Wiesen anschaut, blüht da nichts mehr. Da ist eine monotoner Chlorophylasphalt aus Gras.
Kräuter und Blütenpflanzen sind Mangelware und eher auf Brachflächen in den Städten zu finden, als auf dem Land. Wozu haben wir eigentlich Kläranlagen? Hier wird im wahrsten Sinne des Wortes das ganze Land beschissen von Tieren, die hier nie auf der Weide waren und von diesen Weiden auch nicht ernährt wurden. In einer Hand voll gesunden Boden enthält mehr Lebewesen, als es Menschen auf der Erde gibt. Und dieses komplexe Bodensystem wird mit Gülle und Giften attackiert. Und es ist kein Wunder, dass Weidetiere bei der übrig bleibenden eintönigen Grasnahrung häufiger krank werden. Während früher Kühe 20 Jahre zum Melken im Stall standen und der Bauer seine Tiere noch mit Namen ansprach, sind die überzüchteten Hochleistungskühe nach wenigen Jahren ausgelaugt.
Früher eine Scxhotterfläche um das Stromtrafo-Häuschen, heute ein Rückzugsort für Blütenpflanzen, die es früher überall gab. Wilde Margeriten haben die Fläche erobert. |
Kräuter und Blütenpflanzen sind Mangelware und eher auf Brachflächen in den Städten zu finden, als auf dem Land. Wozu haben wir eigentlich Kläranlagen? Hier wird im wahrsten Sinne des Wortes das ganze Land beschissen von Tieren, die hier nie auf der Weide waren und von diesen Weiden auch nicht ernährt wurden. In einer Hand voll gesunden Boden enthält mehr Lebewesen, als es Menschen auf der Erde gibt. Und dieses komplexe Bodensystem wird mit Gülle und Giften attackiert. Und es ist kein Wunder, dass Weidetiere bei der übrig bleibenden eintönigen Grasnahrung häufiger krank werden. Während früher Kühe 20 Jahre zum Melken im Stall standen und der Bauer seine Tiere noch mit Namen ansprach, sind die überzüchteten Hochleistungskühe nach wenigen Jahren ausgelaugt.
Wenn in Schulküchen der Bioanteil bald 50% betragen soll, ist das für Douglas ein Hineinzwängen. Ich habe mit Bioware überwiegend gute Erfahrung gemacht, es schmeckt besser und die Kartoffeln lassen sich sogar länger lagern. Ich weiß nicht, wieso es ein Zwang sein soll, dass Schulkinder nur das beste Essen bekommen sollen?
Was jedoch ein Problem ist, sind die von CDU, CSU, SPD und FDP und einigen Grünen durchgewinkten sogenannten Freihandelsverträge, die allen beteiligten die Chance nehmen, ihre Produktionsstrukturen zu schützen. Mit Billigimporten aus Regionen ohne sinnvolle Auflagen wird hier den Landwirten das Leben zur Hölle gemacht. Und diejenigen, die mit Hilfe der Subventionen überleben und oft zu viel produzieren können wieder in anderen Gebieten Landwirte unterbieten. So wird die Abholzung der Regenwälder gefördert, bei uns geht die Natur vor die Hunde und in Afrika können die Bauern nicht mit Importen aus der EU mithalten. Regionale Strukturen kollabieren, Die Menschen verlassen das Land und wer noch Mittel hat, versucht nach Europa zu gelangen oder wird Pirat in Somalia. Gewinner sind immer die großen Konzerne und Oligarchen, die sich Land unter den Nagel reißen und die die Zutaten liefern für die Massenproduktion zu Dumpingpreisen. Ob die Böden diese Misshandlung auf die Dauer mitmachen, ist sehr fraglich. Die ökologische Landwirtschaft ist nicht vormodern. Denn auch in früheren Zeiten war nicht alles optimal. Würde man das heutige Wissen, wie man Böden durch Humusbildung beleben und ertragreich machen kann, nutzen, wäre das auf lange Sicht eine viel ertragreichere Landwirtschaft als wir diese mit heutigen Methoden langfristig haben. Humus ist gebundener Kohlenstoff. Eine Landwirtschaft, die Böden zerstört, erzeugt dadurch viel CO2, eine Landwirtschaft, die Humus bildet, zieht CO2 aus der Athmosphäre. Ich habe schon vor 30 Jahren in der Schule gelernt, dass alle damals bekannten Ölvorkommen in wenigen Jahrzehnten alleine von der Landwirtschaft aufgezehrt würden, wenn alle Landwirte so wirtschaften würden, wie es akut bei uns Standart ist. Damit sind nicht nur die Trecker gemeint - die könnten auch mit Pflanzenöl oder Methanol (erzeugt mit Überschussstrom oder Bioabfall) fahren, sondern die Dünge- und Spritzmittel, deren Erzeugung viel Energie verbraucht.
Ein Landwirt auf der "Wir haben es satt"- Demo sagt deutlich, was dieser von der CDU hält. |
Ich träume von einer Landwirtschaft, die gute Nahrungsmittel liefert, wo Tiere nicht in engen Kastenständen gehalten werden und Amputationen - meist ohne Betäubung - überflüssig werden, wo die Milchkühe wieder glücklich grasen können und wo Bienen, Schmetterlinge, Amphibien und Vögel keine Ausnahmeerscheinung sind. Die ökologische Landwirtschaft kommt dem Auftrag an die ersten Menschen, die Erde zu bebauen und bewahren am nächsten. Das Einzige, was nicht so schön ist, dass viele Teilnehmer der "Wir haben es satt"-Demo gegen mich demonstrieren würden, wenn ich in Münster jeden März bei "1000 Kreuze für das Leben" mitbete oder wenn ich zu Veranstaltungen gehe, wo man sich kritisch mit der Gender-Ideologie befasst. Das ist leider so. Aber wenn die Welt Gottes Schöpfung ist, dann gehört es zur Achtung vor dem Schöpfer, gut mit der Erde umzugehen. Ich denke, sehr viele Klöster, die Landwirtschaft betreiben, leisten hier vorbildliche Arbeit und haben es nicht nötig, indirekt von Herrn Douglas so diffamiert zu werden. Schön wäre es, wenn bei allen Demos und Veranstaltungen, die ich hier genannt habe auch mehr Kirchenleute und Ordenleute mitgehen würden. Ein kirchlicher Infostand auf der "Wir haben es satt"-Demo, wo alle Klöster ihre ökologischen Produkte vorstellen und evt. auch anbieten und wo dazwischen auch einige Bekenntnisschriften liegen könnten, dass wäre doch mal ein Zeichen, dass es die Kirchen mit der Bewahrung der Schöpfung ernst nehmen. Dazu noch ein Programm für Solarzellen auf Pfarr- und Gemeindehäusern und E-Bikes für alle Pfarrer und das Bild der Kirche würde unter Umweltschützern wieder angesehener.
Ein Admiral tankt im Herbst noch einmal Sonne und freut sich über die Efeublüten an der Hauswand. Auf vielen überdüngten Wiesen finden er und viele andere Schmetterlinge und Insekten keine Nahrung mehr. |
Abs.
Felix Staratschek
Freiligrathstr. 2
42477 Radevormwald
(Bilder von Felix Staratschek, unter Quellenhinweis dürfen Sie die gerne verwenden)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen